Frau hebt Hände schützend vor Gesicht
Die meisten Vergewaltigungen passieren in der Ehe. Selbstverständlich gilt auch da der Grundsatz: Nein heißt Nein. Bildrechte: IMAGO / Wirestock

"Nein heißt Nein" Wie das Sexualstrafrecht Opfer schützen soll

24. April 2024, 12:47 Uhr

Die ARD-Serie "37 Sekunden" hat schon lange vor Veröffentlichung in der ARD Mediathek für viel Gesprächsstoff gesorgt, schließlich geht es um ein äußerst sensibles Thema: Sex gegen den ausdrücklichen Willen eines Beteiligten, Vergewaltigung, körperliche Unversehrtheit.

Dass solche Straftaten immer noch an der Tagesordnung sind, zeigen Zahlen von 2021: Damals wurden laut Bundeskriminalamt 9.903 Fälle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen in Deutschland registriert. Von diesen 9.903 Fällen waren allein 9.238 Fälle von Vergewaltigung.

Symbolbild: Frau wehrt sich gegen Mobbing.
Vor 2016 mussten Opfer von Vergewaltigungen Widerstand gegen den sexuellen Übergriff nachweisen, damit der Täter bestraft werden konnte. Bildrechte: imago/MiS

2016 wurde das Strafrecht geändert

Viele dieser Fälle wären vor dem Jahr 2016 keine Straftaten gewesen. Doch seit der großen Reform des deutschen Sexualstrafrechts von 2016 gilt der (eigentlich) einfache Grundsatz: Nein heißt Nein.

Ein deutlicher Fortschritt, sagt Anwältin Antje Brandes. "Bis 2016 hatten wir die Situation, dass eine Vergewaltigung nur in drei Fällen strafbar war: nämlich bei Gewaltanwendung, Drohung oder Ausnutzen einer schutzlosen Lage. Die Gewaltanwendung zeigte sich dadurch, dass das Opfer dagegen Widerstand leistet", erklärt sie.

Ein Justizbeamter bewacht die Angeklagten bei der Verhandlung am Landgericht in Meiningen
2016 wurde das Sexualstrafrecht verschärft, sodass mehr Fälle von sexueller Gewalt tatsächlich Strafsachen wurden. Bildrechte: picture alliance / dpa | arifoto UG

Auch Weinen gilt als Widerspruchshandlung

Nach der Reform von 2016 sind sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen der betroffenen Person strafbar - beispielsweise, wenn die Person weint oder "Nein" sagt. "Auch ein verbales Dagegensprechen oder Weinen, so dass der Täter erkennen kann, dass man nicht einverstanden ist mit dieser Handlung, reicht, damit die Handlung als Sexualdelikt verurteilt werden kann", erklärt Expertin Antje Brandes.

Während eines sexuellen Übergriffs schlägt ein Mann eine Frau
Neu seit 2016: Wehren sich Opfer verbal gegen eine sexuelle Handlung oder fangen an zu weinen, kann die Handlung als Strafsache verfolgt werden. Bildrechte: imago images / localpic

Ob die Verschärfung des Sexualstrafrechts wirklich zur Verbesserung der Situation der Betroffenen beigetragen hat, ist allerdings noch unklar. Dafür fehlen laut Kriminologe Christian Pfeiffer die Studien.

Neuer Ansatz in vielen Ländern: "Nur Ja heißt Ja"

Anwältin Antje Brandes und anderen Opferexperten fordern indes eine weitere Verschärfung des Sexualstrafrechts: von "Nein heißt Nein" zu "Nur Ja heißt Ja", wie es bereits in einigen Ländern gilt. "Unser 'Nein heißt nein' gibt der Frau - in den allermeisten Fällen ist das Opfer eine Frau - wieder nur eine passive Rolle", erklärt Brandes. "Wenn also die Frau nicht 'Nein' sagt, weil sie zum Beispiel in einer Art Schockstarre verharrt, dann ist es laut geltendem Recht kein erkennbares 'Nein' und damit auch nicht strafbar."

Ob "Nur Ja heißt Ja" demnächst der Standard in der deutschen Rechtsprechung werden wird, ist momentan offen.

(Dieser Artikel wurde erstmals am 04.08.2023 veröffentlicht.)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 04. August 2023 | 17:15 Uhr

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