Papst Franziskus So funktionieren Einbalsamierung und Aufbahrung

25. April 2025, 19:37 Uhr

Der Pontifex ist tot, der Papststuhl leer, im Vatikan herrscht tragische Betriebsamkeit. Am Samstag wird Papst Franziskus beigesetzt - 5 Tage nach seinem Tod. Bis dahin wird das Oberhaupt der katholischen Kirche aufgebahrt, damit Gläubige aus aller Welt Abschied nehmen können. Wie wurde der Leichnam dafür vorbereitet?

Isabel Möller
Bildrechte: Raphaela Fietta

Eine Aufbahrung - ohne Prunk, ohne Protz.

Nach seinem Tod am Ostermontag wurde der Leichnam von Papst Franziskus gesegnet, in päpstliche Gewänder gekleidet, am Mittwoch um 9.00 Uhr in den Petersdom überführt und aufgebahrt.

Während seine Vorgänger noch auf einer erhöhten Plattform und in drei ineinander verschachtelten Särgen aus Holz, Blei und Zink aufgebahrt waren, lag Franziskus in einem schlichten Holzsarg vor seinen Gläubigen. Er wünschte für sich selbst ein Begräbnis "in Würde, wie jeder Christ, aber nicht auf Kissen", wie er in dem Interviewbuch "El sucesor" erklärte.

Ein Toter, öffentlich aufgebahrt, mehrere Tage lang. Wie funktioniert so etwas?

Die Zeremonie zur Bestätigung des Todes und zur Beisetzung des Leichnams von Papst Franziskus in der Kapelle im Erdgeschoss der Casa Santa Marta
Vor seiner Beisetzung am Samstag wurde Papst Franziskus bis Freitag im Vatikan im offenen Sarg aufgebahrt. Bildrechte: IMAGO/ABACAPRESS

Das passiert nach dem Tod

Bevor ein Leichnam aufgebahrt werden kann, muss er sorgfältig vorbereitet werden. Angefangen bei der hygienischen Totenversorgung: Dazu wird der Verstorbene entkleidet und alle medizinischen Hilfsmittel wie Verbände und Pflaster, aber auch Katheter oder Herzschrittmacher werden entfernt. Alle Körperöffnungen werden desinfiziert und mit Watte oder einem Pulver verschlossen, damit keine Flüssigkeiten austreten können. Auch die Augen werden verschlossen - wenn nötig mit einer Kunststoffklappe, damit sie sich nicht mehr öffnen lassen. Dann wird der Mund von innen mit einer chirurgischen Naht verschlossen, damit er sich nicht öffnet, wenn die Muskeln erschlaffen.

Die hygienische Totenversorgung bekommen alle Verstorbenen. In Vorbereitung auf seine dreitägige Aufbahrung ist der Leichnam von Papst Franziskus allerdings noch bei einer sogenannten "Thanatopraxie" einbalsamiert und geschminkt worden. "Das umfasst die Injektion einer Konservierungsflüssigkeit in das Kreislaufsystem, gefolgt von einer Schönheitsbehandlung des Gesichts und der Hände", erklärt Andrea Fantozzi, Gründer des Italienischen Nationalinstituts für Thanatopraxie, der Nachrichtenagentur AFP. Somit kann der natürliche Prozess der Verwesung verlangsamt werden. Das mehrstündige Verfahren müsse aber innerhalb von 36 Stunden nach dem Tod angewandt werden. Durch die Injektion der chemischen Flüssigkeit erscheint der Verstorbene laut Andrea Fantozzi ruhiger und natürlicher. Der Effekt hält bis zu zehn Tage lang an.

Eine ähnliche Prozedur wurde mit dem Leichnam der 2022 verstorbenen Königin Elisabeth II. durchgeführt - und das, obwohl sie "nur" in einem geschlossenen Sarg aufgebahrt wurde, Papst Franziskus hingegen in einem offenen, was eine Einbalsamierung noch dringlicher macht.

Einbalsamierung: Vorbereitungen auf die letzte Reise

Einbalsamierungen haben im Vatikan Tradition: Einblicke gewährt die römische Familie Signoracci, die seit 1870 traditionell mit der Konservierung der Päpste betraut ist. Zuletzt bereiteten sie Johannes Paul I., Paul VI. und Johannes XXIII. auf ihre letzte Reise vor. Sie schufen buchstäblich Päpste für die Ewigkeit - die durchaus wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren können, wie das Beispiel von Johannes XXIII. zeigt:

Er wurde nach seiner Seligsprechung im Jahr 2000 aus den vatikanischen Grotten in die Basilika zurückgebracht. Dort ruht er bis heute in einem gläsernen Sarg - Gesicht und Hände mit Wachs nachmodelliert, so dass er noch unverwest wirkt.

Der Leichnam von Papst Johannes XXIII. liegt in einem Glassarg auf dem Petersplatz vor einer Messe am Penticoscotal
Der Leichnam von Papst Johannes XXIII. Bildrechte: picture-alliance / dpa/dpaweb | Maurizio_Brambatti

Die Familie der Einbalsamierer

Im Spiegel-Interview nach dem Tod des Jahrhundertpapstes Johannes Paul II. († 2005, 26 Jahre im Amt) plauderten die Signoraccis aus dem Nähkästchen und erklärten, wie das Prozedere vonstatten geht: "Man öffnet die Arterien am Hals und in der Schenkelbeuge, zieht das Blut hinaus und injiziert gleichzeitig über die Venen eine präparierende Flüssigkeit, eine 15-prozentige Formalinlösung." Das Blut des Verstorbenen wird also durch eine Substanz ersetzt, die die Verwesung aufhält oder verzögert.

Ein gut behandelter Leichnam könne so "zwanzig bis dreißig Jahre überdauern". Für die öffentliche Aufbahrung ist die Einbalsamierung nicht zwingend erforderlich, für einen kurzen Zeitraum genügt auch die hygienische Totenversorgung oder eben - wie bei Papst Franziskus - eine "Thanatopraxie", deren Ziel vor allem die ästhetische Aufbahrung eines Verstorbenen ist.

Die Zeremonie zur Bestätigung des Todes und zur Beisetzung des Leichnams von Papst Franziskus in der Kapelle im Erdgeschoss der Casa Santa Marta
Der Leichnam von Papst Franziskus in der Kapelle der Heiligen Martha im Vatikan. Bildrechte: IMAGO/ABACAPRESS

Die Gruft der Herzen

Bevor moderne Konservierungsmethoden im Vatikan Einzug hielten, bediente man sich uralter Techniken: So wurden einigen Päpsten vor ihrer Beisetzung die leicht verweslichen inneren Organe entnommen. In der Barockkirche "Santi Vincenzo e Anastasio" nahe dem Trevi-Brunnen werden die Herzen von mehr als 20 Päpsten in Marmor-Urnen als heilige Reliquien aufbewahrt.

Papst Pius X. bestimmte in seiner Amtszeit von 1903 bis 1914, dass Schluss sein müsse mit dem Brauch, die Organe des Pontifex' in der Krypta am Trevi-Brunnen aufzubewahren - getrennt von den sterblichen Überresten, die im Untergewölbe der Peterskirche ruhen.

Szene aus Livestream MDR-Fernsehen 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
3 min

BRISANT Di 22.04.2025 17:10Uhr 02:37 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Debatte um Konservierung der Päpste

Seit dem 20. Jahrhundert ist die Konservierung der Stellvertreter Christi ein heikles Thema: Bei dem 1914 verstorbenen Papst Pius X. wurde auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin auf erhaltende Maßnahmen verzichtet. Bei seinen Nachfolgern Benedikt XV. († 1922) und Pius XI. († 1939) ignorierte man jedoch ähnliche testamentarische Äußerungen.

Beim verstorbenen Pius XII. († 1958) unterlief seinem Leibarzt sogar ein folgenschwerer Fehler bei der Einbalsamierung: Man versuchte eine neue Methode, die jedoch versagte. Bei Papst Paul VI. kam es im Hochsommer 1978 zu ähnlichen Komplikationen: Das eingespritzte Formalin verteilte sich nicht gleichmäßig im Körper, ein Bein begann zu verwesen. Der Anblick - und der Gestank - musste vor den Abschied nehmenden Gläubigen so gut wie möglich verborgen werden.

Papst Johannes Paul I., der noch im Jahr seiner Wahl starb, wurde wieder konserviert, sein Nachfolger Johannes Paul II. gar nicht oder zumindest nicht auf traditionelle Weise. In der Pressemitteilung des Vatikans war lediglich von einer "angemessenen Form" des Umgangs mit dem Leichnam die Rede.

Papst Franziskus: Letzte Ruhe unweit des römischen Hauptbahnhofes 

Ich habe mein Leben und mein priesterliches und bischöfliches Amt immer der Mutter unseres Herrn, der heiligen Maria, anvertraut.

Der Pontifex wird am Samstag, 26. April, nicht wie viele Päpste vor ihm in der Krypta unter dem Petersdom beigesetzt, sondern in der Basilika Santa Maria Maggiore - so sein letzter Wunsch.

Franziskus bezeichnete die Marienkirche als seine "Lieblingskirche" in Rom, die Gottesmutter Maria verehrte er zeitlebens, weshalb er seine "letzte irdische Reise" in der Basilika unweit des römischen Hauptbahnhofs antreten wollte.

Basilika Santa Maria Maggiore
Die Basilika Santa Maria Maggiore - Papst Franziskus' letzte Ruhestätte. Bildrechte: picture alliance/dpa/Oliver Weiken

Sein Grab sollte "schlicht, ohne besonderen Schmuck und mit der einzigen Inschrift: Franciscus" sein. Er wollte "wie jedes Kind der Kirche" bestattet werden, so Franziskus im Interviewbuch "El sucesor". Das passt zu seinem Wirken und Auftreten. Seit er 2013 den Papststuhl bestieg, kämpfte er dafür, den Pomp um sein Amt zu reduzieren.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 22. April 2025 | 17:15 Uhr

Das könnte Sie auch interessieren