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Bilanz nach einem Jahr Deutschlandticket: Das bringt es wirklich - für wen lohnt sich der Kauf?

02. Mai 2024, 18:28 Uhr

Rund 11,2 Millionen Abonnenten nutzen das Deutschlandticket aktuell. Wie läuft es mit dem Angebot nach einem Jahr - und wie geht es weiter?

Die 5 wichtigsten Tipps, Fakten und Fragen:

1. Pendeln Sie regelmäßig zur Arbeit? Fragen Sie Ihren Arbeitgeber nach dem Jobticket!

Rund die Hälfte aller Deutschlandticket-Nutzer pendelt damit laut Deutscher Bahn zur Schule, Uni oder zum Arbeitsplatz.

Das rechnet sich, denn viele Arbeitgeber bieten das Ticket für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als ermäßigtes Jobticket an. Für manche gibt es sogar noch eine Extra-Vergünstigung: Geben Firmen den Mitarbeitern mindestens 25 Prozent Nachlass auf das Abo, gibt der Bund weitere fünf Prozent hinzu.

Damit lässt sich für viele das Ticket bereits für 34,30 Euro pro Monat nutzen statt für 49 Euro - da lohnt sich das Nachfragen beim Arbeitgeber. Einige Betriebe schenken ihren Beschäftigten das Deutschlandticket sogar.

Eine Person hält ein Deutschlandticket in die Kamera.
Für viele Arbeitnehmer lohnt sich die Frage nach der Jobticket-Variante des Deutschlandtickets. Bildrechte: IMAGO / Panama Pictures

2. Wer es hat, bleibt dabei - mit Einschränkungen

Das Deutschland-Abo ist monatlich kündbar - das machen die meisten Nutzenden allerdings nicht: Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) nutzt das Deutschlandticket im Abo ununterbrochen seit Beginn, knapp jeder Dritte für mindestens acht Monate, ergaben Umfragen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

Ein Erfolg für das Konzept. Allerdings gibt es auch Kritik: "Schwierigkeiten bei Kauf und Kündigung des Abos sind zu einem Dauerärgernis geworden", beklagte Ramona Pop von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Dienstag in Berlin.

Viele Verbraucherbeschwerden drehen sich demnach um mangelnde Erreichbarkeit des Kundenservices und unzuverlässige technische Prozesse, die in einigen Fällen zu Doppelbuchungen des Tickets führten.

3. Was bringt das Deutschlandticket dem ÖPNV wirklich?

Viele Zugfahrer merken es deutlich: Es ist voller geworden in der Bahn - besonders auf touristisch beliebten Strecken wie von Berlin in Richtung Ostsee, von München in die Berge oder von Hamburg an die Nordsee.

Ein Hinweis darauf, wo Kapazitäten im öffentlichen Nahverkehr fehlen:

Das bislang größte Manko ist das unzulängliche Angebot von Bus und Bahn im ländlichen Raum.

Dirk Flege, Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene

Landschaftsaufnahme mit einem Zug, der durchs Bild fährt.
Das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum reicht aktuell nicht aus. Bildrechte: IMAGO / Arnulf Hettrich

Zwar soll das Sitzplatzangebot im Regionalverkehr in diesem Jahr ausgeweitet werden. Doch der Angebotsausbau kostet die Länder und Verbünde viel Geld und hat mit der gestiegenen Nachfrage bisher nicht mithalten können, so Evelyn Palla aus dem Bahn-Personenverkehrsvorstand. 

Viele Menschen drängen in einen Nahverkehrszug auf einem Bahnhof.
Oft ist es in den Regionalzügen jetzt sehr voll. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

 4. Weniger "Umsteiger" als erhofft - noch!

Rund 16 Prozent der Deutschlandticket-Nutzer steigen tatsächlich seltener ins Auto, seit sie das Abo haben, zeigen VDV-Umfragen.

Allerdings reicht das noch nicht allen: Was es brauche, seien viel mehr Neukundinnen und Neukunden, die vorher noch gar keine Berührungspunkte mit dem ÖPNV hatten, damit es auf die Klimaziele einzahle, so VDV-Präsident Ingo Wortmann

Woran liegt es also, dass noch nicht genug Menschen vom Auto auf den ÖPNV umgestiegen sind? Liegt es am Preis? An der teils umständlichen Nutzung?

Der Sozialverband VdK kritisierte zudem, dass "längst nicht alle" Menschen das Angebot nutzen könnten. "Das trifft etwa auf Personen zu, die kein Smartphone besitzen. Denn einzelne Verkehrsverbünde bieten das Ticket nur in digitaler Form an", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Ein Problem sei auch, dass das Ticket nur als Abo erhältlich ist. "Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher muss es möglich sein, für 49 Euro ein einzelnes Monatsticket kaufen zu können", forderte Bentele. 

Jemand hält ein Smartphone in die Kamera, auf dem ein Deutschlandticket angezeigt wird. Im Hintergrund fährt ein Zug in den Bahnhof ein.
Das Deutschlandticket auf dem Smartphone mit der DB App - für einige Menschen ein Problem, so die Kritik. Bildrechte: IMAGO / Rolf Poss

5. Wird das Ticket doch teurer?

Derzeit kostet das Ticket 49 Euro pro Monat - noch: Eine Preisgarantie seitens des Bundes und der Länder gibt es nur noch für dieses Jahr. Schon 2025 könnte das Deutschlandabo für Nutzerinnen und Nutzer daher teurer werden. 

Um diesen Preis zu ermöglichen, subventionieren Bund und Länder das Angebot bereits jetzt mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr, doch auch hier gibt es für die Zeit ab 2025 keine endgültige Zusage des Bundes - auch wenn Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) stets betont, dass das Ticket auf Dauer angelegt sei.

Wie könnte sich der Preis entwickeln?

Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens geht davon aus, dass das Ticket teurer wird: "Die Preisentwicklung wird beim Deutschlandticket definitiv nicht Halt machen. Ich rechne damit, dass es im nächsten Jahr eine Preiserhöhung geben wird», sagte die FDP-Politikerin.

Hüskens plädiert dafür, den Preis für das Deutschlandticket künftig nicht politisch festzulegen, sondern an die allgemeine Preissteigerung zu koppeln.

Der Magdeburger Bundestagsabgeordnete Martin Kröber (SPD) hält dagegen: "Der Ticketpreis darf auf keinen Fall steigen. Ähnlich sehen das die Grünen in Sachsen-Anhalt: "Für uns ist klar: Das D-Ticket darf nicht teurer werden", schrieb Landeschefin Madeleine Linke auf der Plattform X. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge forderte ebenfalls eine Preisgarantie und eine verlässliche Finanzierung.

Für die Verkehrsexpertin Claudia Hille steht fest: Eine Preisgarantie ist ebenso wichtig wie ein Ausbau des ÖPNV-Angebotes, sagte sie dem MDR:

Es muss eine Finanzierungszusage geben, die über Zeiträume von einem Jahr hinaus geht. Außerdem geht es um Qualität und Angebot im ÖPNV. Wir haben Regionen, die sind nicht sonderlich gut angebunden. Die können nicht von diesem Ticket profitieren und da braucht es einen Aus.

Verkehrsexpertin Claudia Hille MDR Aktuell

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 02. Mai 2024 | 17:15 Uhr

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