Meinung Feministin am Herd? Meghans kontroverse Kehrtwende
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04. März 2025, 17:53 Uhr
Am 4. März ist es soweit: Herzogin Meghan wird zum Netflix-Star.
In "With Love, Meghan" stellt sie sich hinter ihre cremefarbene Kücheninsel, vor cremefarbenen Hängeschränken, in - richtig geraten - cremefarbener Kleidung. Sie pflückt Blumen aus ihrem Garten, arrangiert diese dekorativ in ihrem Heim, kocht Marmelade ein und scheint ganz eins zu sein mit ihrer hochglänzenden Lifestyle-Idylle.
Meghan wird zur Streaming-Gastgeberin. Warum das gegen ihre eigenen Prinzipien verstößt:
"Duchess Difficult" war einmal
Vor ein paar Jahren noch hing Meghan der Ruf einer royalen Rebellin an. Sexy war das. Verrufen. Aufregend. Zum Haare raufen. Aber auf keinen Fall eines: langweilig.
Frischer Wind oder unbequem? Darüber lässt sich streiten. Die britische Presse jedenfalls war sich schnell einig: "Duchess Difficult" nannten sie Meghan - ihr angeblicher Spitzname unter den Palastmitarbeitern.
Meghan spielte mit diesem Image - ob bewusst oder anfangs unbewusst. Sie gab sich in Interviews redselig - zu redselig für die Etikette der Royal Family. Sie wollte eine Macherin sein, mit eigener Stimme und eigener Meinung und tat sich damit äußerst schwer im uralten Getriebe der Windsors. Never explain, never complain und die britische "stiff upper lip": Zwei Prinzipien, die Meghan fremd waren - und die sie sich einfach nicht antrainieren konnte. Oder wollte.
Wenn die Medien die Geschichte um einen herum geschaffen haben, ist es wirklich schön, endlich seine eigene Geschichte erzählen zu können.
Es war einmal ...
Vor ihrer Ehe mit einem Prinzen zeigte sich Meghan als emanzipierte, moderne Frau des 21. Jahrhunderts: belesen, studiert, weit gereist, weltoffen, selbstbewusst. Niemand redete ihr rein, wenn sie auf ihrem Blog "The Tig" ihre Gedanken über die Welt teilte.
Was dann passierte? Meghans Leben wurde zum Märchen: Prinz, Titel, Krone - und der Abschied vom selbstbestimmten Leben.
Von der Feministin zur Streaming-Hausfrau: In wenigen Jahren
Als eingeheiratetes Mitglied einer königlichen Familie ist man Teil eines großen Ganzen. Man lässt andere und die Krone glänzen - aber nie sich selbst. Es sei denn, man ist König oder direkter Thronfolger.
Schwierig, wenn man vorher so ganz anders gelebt hat. 2022 gab Meghan in einem Interview mit dem Magazin "The Cut" Einblicke in ihr Seelenleben: Sie habe es geliebt, ihren Alltag mit anderen zu teilen und ihre eigene Karriere zu verfolgen. Der Abschied von ihrem emanzipierten Leben sei ihr schwer gefallen.
Es war eine große Umstellung - eine riesige Umstellung, von dieser Art von Autonomie zu einem anderen Leben zu wechseln.
Meghan: Bereits als Kind Feministin
Dabei habe Meghan nie davon geträumt, eines Tages Prinzessin zu werden, wie sie im Interview mit "People" betonte.
Vielmehr sei Meghan schon immer eine kleine rebellische Seele gewesen, die sich bereits im Alter von elf Jahren gegen Sexismus und Stereotypen gewehrt habe. In ihrem Podcast "Archetypes" erzählt sie, wie ihr als Kind eine sexistische Spülmittelwerbung aufgefallen sei, gegen die sie sich in einem Brief gewehrt habe.
Ihr Engagement sollte weitergehen: 2015, also noch vor ihrer Ehe mit Harry, hielt Meghan vor den Vereinten Nationen eine bewegende Rede zum Thema Feminismus. Und auch nach ihrem offiziellen Eintritt in die europäische Hocharistokratie nutzte Meghan ihre Reichweite und ihren Status, um sich für die Gleichberechtigung und die Rechte von Mädchen und Frauen einzusetzen.
Es ist erst drei Jahre her, dass Meghan in einem offenen Brief an führende Vertreter des US-Kongresses für eine bezahlte Familienzeit für berufstätige Eltern plädierte und damit wilde Spekulationen über eine Kandidatur für ein politisches Amt auslöste. Und dann war da noch ihr viel belächelter, aber feministisch wichtiger Podcast "Archetypes", in dem sie mit starken, prominenten Frauen über deren Werdegang sprach.
Doch plötzlich kommt einem das alles sehr lange her vor.
Wird Meghan zur Tradwife? Ein gefährlicher Trend
Nun wird Meghan vorgeworfen, sich hinter dem Herd zu verstecken und ein veraltetes Frauenbild zu propagieren - und alles für die Quote.
Denn "Tradwife" - das klickt. Vor allem auf Tiktok und Instagram trendet der Begriff "Tradwife," auf Deutsch: "traditionelle Hausfrau". In kurzen Videos kochen, putzen und stylen sich junge Frauen vor allem für ihre Männer. Das Model Nara Smith ist damit zum Internet-Phänomen geworden. Allein auf TikTok folgen ihr 11,5 Mio. Menschen (Stand: 03.03.25).
Etwas weltfremd muten die Videos an, wenn die Influencer-Damen in makellosen, aber durchgestylten Outfits in ihre hochmodernen Mikrofone flüstern. Dabei schnippeln und schneiden sie melodiös. ASMR nennt man das.
Meghan: Die herzögliche Hausfrau?
Und Meghan? Die springt auf den Zug auf und wird laut "Daily Mail" nicht mehr "Duchess Difficult", sondern "Martha Stewart des neuen Jahrtausends in Montecito" genannt. Die amerikanische Fernsehköchin, Autorin, Moderatorin und Unternehmerin hat mit ihrem traditionellen Frauenbild ein Milliarden-Imperium erschaffen.
Die Parallelen? Nicht von der Hand zu weisen: In ihrer Netflix-Show "With Love, Meghan" pflückt die 43-Jährige Blumen, kocht mit Freunden und zeigt ihr Haus in Kalifornien. Das waren zwar schon zu "The Tig"-Zeiten Meghans Vorlieben, doch jetzt scheint alles etwas weichgespülter und massentauglicher. Die Kanten? Abgeschliffen.
Um sie zu verteidigen: Damit ist sie nicht die einzige Promi-Dame. Auch Pamela Anderson, Selena Gomez ("Selena + Chef"), Paris Hilton ("Cooking with Paris") oder "Amy Schumer ("Amy Schumer Learns To Cook") haben sich schon als häusliche TV-Stars versucht. Auch Snoop Dog stand schon äußerst telegen und Kochlöffel schwingend vor der Kamera: mit - Trommelwirbel - Lifestyle-Ikone Martha Stewart.
Feminismus hat viele Gesichter
Fragt sich nur, was die elfjährige Meghan dazu sagen würde.
Aber - und das muss man auch bedenken: Träume und Lebensentwürfe können sich ändern. Als Hausfrau und Herzogin kann Meghan natürlich genauso feministisch und emanzipiert sein wie als Schauspielerin und UN-Rednerin. Weil sie es WILL.
Feminismus ist eben auch: leben und leben lassen.
Und jetzt lassen wir Meghan eben in Ruhe kochen.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 04. März 2025 | 17:15 Uhr