Eine Plastikflasche leigt am Strand.
Ein Anblick, an den man sich gewöhnt hat: Plastikmüll an Stränden und im Meer. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Mehr Plastik als Fische im Meer So könnten unsere Ozeane wieder sauber werden

15. Oktober 2023, 18:50 Uhr

Schätzungen zufolge schwimmen aktuell 100 bis 140 Millionen Tonnen Plastikmüll in unseren Meeren – eine unfassbare Zahl. Jährlich kommen etwa 10 Millionen weitere Tonnen hinzu. Fragt sich: Wie räumen wir unsere Meere auf und bekommen den Müll aus dem Wasser?

Die Tierschutzorganisation WWF schätzt: Wenn wir nichts unternehmen, dann wird es 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben. Zum Glück gibt es Menschen, die die Gefahr erkannt haben und etwas gegen die Vermüllung der Meere unternehmen. Wir stellen fünf innovative Projekte und Erfindungen vor, die dem Müll in Meeren den Kampf ansagen.

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Healthy Seas

Taucher der 2013 gegründeten Umweltschutzorganisation "Healthy Seas" sammeln verlorengegangene oder zurückgelassene Fischernetze aus dem Meer und recyclen sie – unter anderem für die Modeindustrie. Müll wird quasi in der Zweitverwertung zu Glamour. Das Problem solcher Netze: In ihnen verfangen sich sehr schnell Tiere wie Fische oder Robben, die dann qualvoll sterben. Außerdem zerfallen die Netze irgendwann zu Mikroplastik – und landen so in unserer Nahrungskette.

Aus den gesammelten "Geisternetzen" entsteht neues Nylongarn – unter anderem für Luxusprodukte wie High-End-Markentaschen oder Auto-Fußmatten. Aktuell engagieren sich 250 ehrenamtliche Taucher und 1.250 Fischer bei "Healthy Seas".

Seehund mit Teilen eines Netzes um den Hals.
Große Gefahr: Robben verheddert sich sehr schnell in herrenlosen Fischernetzen. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

One Earth One Ocean e.V.

"One Earth One Ocean e.V." will mit Schiffen die Meere von Plastik befreien, bevor dieses zu Mikroplastik wird. Dafür sind weltweit mehr als zehn "SeeHamster"-Sammelschiffe (davon 3 elektrisch angetrieben) und drei großen SeeKuh-Sammelschiffe (davon eines Solarbetrieben) unterwegs.

In den nächsten Jahren soll ein sogenannter "SeeElefant" folgen - ein Schiff, auf dem der Müll getrennt und gepresst werden kann, um ihn dann denn Wertstoffkreisläufen an Land zuzuführen.Thermisch verwertbaren Sortierresten sollen außerdem in elektrische Energie umgewandelt werden.

Everwave

Die einstige Aachener Architekturstudentin Marcella Hirsch hatte während einer Tauch-Session im Urlaub einen Aha-Moment: Sie war entsetzt, wie verschmutzt das Wasser um sie herum ist und wollte handeln. Der erste Schritt: Im Rahmen ihrer Masterarbeit entwarf Marcella eine schwimmende Plattform, die kleine Teilchen aus dem Wasser filtern soll.

Die Idee schaffte es weg vom Papier in die Realität: Mittlerweile sammelt Marcella Hirsch mit Müllsammelbooten ihres Start-ups "Everwave" weltweit Abfall aus Flüssen und verhindert so, dass dieser in die Ozeane gelangt. Dank künstlicher Intelligenz wird der Müll im Wasser erkannt und analysiert. So können wertvolle Rückschlüsse auf Müllzusammensetzung und Verursacher gezogen werden.

Marcella Hansch
Marcella Hirsch möchte mit ihrem Start-up "Everwave" verhindern, dass neuer Müll in die Ozeane gelangt. Bildrechte: IMAGO / Future Image

The Ocean Cleanup

Gerade einmal 19 Jahre war der Niederländer Boyan Slat, als er 2013 das Projekt "The Ocean Cleanup" gründete. Zwei Jahre zuvor urlaubte Boyan Slat in Griechenland und konnte beim Tauchen nach eigenen Angaben "mehr Müll als Fische" sehen. Daraufhin beschloss er, dass sich etwas ändern muss. Ganz ähnlich wie Marcella Hirsch von "Everwave". Die Idee: Ein "Meeresstaubsauger", der Müll aus den Meeren filtern soll.

Boyan Slats erster Versuch im Jahr 2018 schlug fehl. Das Problem: Sein Prototyp "System 001" sollte autonom Meeresmüll einsammeln und abtransportieren. Jedoch wurde der Abfall wieder zurück ins Meer geschwemmt.

2021 erfolgt Versuch Nummer zwei – dieses Mal mit Erfolg. Die überarbeitete Technologie konnte in den ersten drei Monaten insgesamt 28.659 Kilogramm Plastik aus dem Ozean entfernen. Im Anschluss wurde direkt mit der Entwicklung eines dritten Systems begonnen, das noch mehr Müll einsammeln soll.  

SeaBin

Müll gehört in den Mülleimer (Englisch "bin"), oder? Genau das dachten sich die Erfinder des "SeaBin". Ihre Idee: Unsere Meere brauchen eine schwimmende Mülltonne. Anders als "The Ocean Cleanup", bei dem Müll auf offener See gesammelt wird, soll der "SeaBin" in Küstennähe eingesetzt werden.

Eine Art Mülleimer eingelassen in Gewässer
So simpel wie genial: "SeaBin" ist quasi eine schwimmende Mülltonne. Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Der "SeaBin" säubert also vor allem Häfen, indem er das Wasser um sich herum einsaugt – mitsamt des darin schwimmenden Mülls. Der wird in Filtern aufgefangen. Sogar winzigkleine Teilchen ab einer Größe von zwei Millimetern bleiben im "SeaBin" hängen. Über eine an Land befestigte Pumpe, die mit dem "SeaBin" verbunden ist, wird das gereinigte Wasser dann wieder zurück in den Ozean gepumpt.

Müll aus dem Meer 5 min
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BRISANT Mi 10.08.2022 17:15Uhr 04:40 min

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Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 10. August 2022 | 17:15 Uhr

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