Nachhaltig tanken? Was man über den neuen Diesel HVO100 wissen muss

21. August 2024, 18:53 Uhr

Ein Mann im Porträt
Bildrechte: Raphaela Fietta

Seit Ende Mai dürfen Tankstellen in Deutschland den neuen Kraftstoff HVO100 verkaufen. Die Alternative zum herkömmlichen Diesel wird überwiegend aus Abfallstoffen wie zum Beispiel altem Speisefett hergestellt.

In Skandinavien, in den Niederlanden und Italien ist der Kraftstoff bereits seit längerem zugelassen.

Verträgt jedes Auto den neuen Diesel?

Jeder Liter Benzin und Diesel, der in Deutschland verkauft wird, muss eine Norm für die Zulassung erfüllen. HVO100 erfüllt diese. Heißt also, dass Motoren den neuen Kraftstoff prinzipiell vertragen. Motorschäden wegen des neuen Diesel befürchtet auch Autoexperte Andreas Keßler nicht.

Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat in Abstimmung mit den Fahrzeugherstellern eine offizielle Freigabe-Liste erstellt.

Wenn in der Betriebsanleitung XTL explizit aufgeführt ist, sollte es keine Probleme geben. Im Zweifel können Autofahrer aber weiter die bisherige Dieselsorte tanken.

Das bedeuten die Abkürzungen XTL und HVO HVO steht für "Hydrotreated Vegetable Oils".

XTL ist die Kurzform von "X to Liquid" und bedeutet, dass ein beliebiger Rohstoff (X) zu flüssigem Kraftstoff (Liquid) umgewandelt wird.

Darum ist HVO100 so teuer

Autoexperte Andreas Keßler glaubt nicht an einen schnellen Erfolg des "Frittendiesel". Der Grund: Offenbar ist noch nicht klar, ob sich der neue Diesel für die Hersteller und Anbieter überhaupt rechnet. Schließlich muss das alte Frittenfett erst in einem aufwändigen Verfahren aufbereitet werden.

Die Produktionskosten erklären auch den hohen Preis für HVO an der Zapfsäule: Der liegt etwa 20 Cent über dem herkömmlichen B7-Diesel.

Außerdem ist altes Speiseöl nicht in großen Mengen verfügbar und wird schon jetzt fast vollständig "recycelt". Um den Dieselverbrauch in Deutschland komplett auf reines HVO umzustellen, müsste man altes Speiseöl auf dem Weltmarkt kaufen.

Ölflaschen
Altes Speiseöl aus der Gastronomie wird schon jetzt für andere Dinge weiter verwendet. Viele Reserven für HVO100 sind offenbar gar nicht da. Bildrechte: imago images/Shotshop

Was bedeutet die zusätzliche Bezeichnung XTL?

Um zu verhindern, dass Autofahrer an der Tankstelle den falschen Kraftstoff tanken, ist eine einheitliche Kennzeichnung für die verschiedenen Kraftstoffsorten sowohl im Tankdeckel als auch an der Tankstelle vorgeschrieben.

Alle Zapfsäulen, an denen HVO in Reinform getankt werden kann, müssen darum zusätzlich zu HVO100 auch die Bezeichnung XTL tragen.

Damit ist klar, dass es sich um einen Kraftstoff handelt, der nicht aus Erdöl gewonnen wurde.

Eine Preistafel mit den Preisen für Autogas, HVO100 Diesel, Diesel und Super E10 an einer Tankstelle von Nordoel.
Die Produktion von HVO100 ist recht aufwändig, deswegen auch der hohe Preis. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christian Charisius

Nachhaltigkeit: Pro und Contra

HVO gilt als fast CO2-neutral und der Feinstaub-Ausstoß ist gering.

Umweltverbände sehen den neuen Kraftstoff allerdings kritisch: Bei den Ausgangsstoffen handele es sich zum Teil um wertvolle Rohstoffe, auch frisch produzierte Pflanzenöle wie Palmöl würden dabei verwendet. Die Deutsche Umwelthilfe urteilt, HVO sei "noch schmutziger als herkömmlicher Diesel", die Klimagasemissionen seien bei ehrlicher Gesamtschau oft sogar höher als bei herkömmlichem Dieselkraftstoff.

Der ADAC bescheinigt dem neuen Diesel nach einem eigenen Test zwar gute Werte, fordert aber auch: "Damit die bessere Umweltbilanz aufgeht, müssen die Ausgangsstoffe aus Abfall und Reststoffen stammen. Nur so sind Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten und tatsächlich Umweltvorteile zu erzielen."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 21. August 2024 | 17:15 Uhr

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