Sexualität Viagra wird in Deutschland nicht rezeptfrei - so bekommen Sie es trotzdem
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11. Juli 2023, 17:32 Uhr
Viagra bleibt weiterhin rezeptpflichtig. Das hat ein Ausschuss der Arzneimittelbehörde BfArM heute (11.07) entschieden. Die Mehrheit des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht hat gegen eine Befreiung von der Rezeptpflicht gestimmt.
Genau genommen hatte das Gremium über einen Antrag zu Viagra und anderen Potenzmitteln mit dem Wirkstoff Sildenafil abgestimmt, die maximal 25 Milligramm des Wirkstoffs enthalten dürfen. Rechtlich bindend ist die Entscheidung aber nicht, sie ist vielmehr eine Empfehlung an das Bundesgesundheitsministerium.
Viagra in Deutschland weiter nur auf Rezept
Im Gegensatz zu Großbritannien, Polen, Schweden, Norwegen und der Schweiz gibt es Viagra und andere Potenzmittel hierzulande also nach wie vor nicht ohne Rezept. Aus Sicht der meisten Mediziner ist das auch notwendig, denn viele Medikamente vertragen sich nicht mit Viagra. "Normale" Nebenwirkungen, auf die immer wieder hingewiesen wird, sind: Kopf- und Muskelschmerzen, Hautrötungen, Schwindelgefühle und verändertes Farbsehen. Offenbar nehmen das aber die meisten Männer in Kauf.
Männer mit Durchblutungsstörungen aller Art sollten komplett auf Viagra verzichten. Sehr wahrscheinlich legt in diesen Fällen der Arzt aber eh sein Veto ein.
Mit dem Rezept vom Arzt kann man dann Viagra in der Apotheke kaufen. Der Preis pro Tablette variiert je nach Dosierungsstärke und Packungsgröße zwischen 12 und 18 Euro. Der Hersteller Pfizer empfiehlt, eine 50-mg-Tablette etwa eine Stunde vor dem Geschlechtsverkehr einzunehmen - höchstens 1x täglich.
Viagra im Internet kaufen? Lieber nicht!
Wer die Potenzpille dennoch ohne Arztbesuch bekommen will, sollte von Nachahmer-Produkten aus dem Internet besser die Finger lassen. "Die Analysen dieser Ersatztabletten haben ergeben, dass da entweder gar kein Wirkstoff drin ist, oder ein anderer oder viel zu viel. Es ist russisch Roulette", sagt Kardiologe Heinz-Wilhelm Esser in seinem WDR-Podcast "Frag dich fit".
Warum Viagra gefährlich sein kann
Urologen warnen immer wieder davor, Viagra rezeptfrei zu machen. Erektionsprobleme können nämlich Frühwarnsymptome für dahinterliegende Krankheiten sein, die bei einem Arztbesuch auffallen - etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, niedriger Blutdruck oder Leberinsuffizienz. Ohne Rezeptpflicht entfällt dieser Besuch beim Arzt.
Außerdem könnten Patienten die Dosis ohne ärztlichen Rat leicht erhöhen, indem einfach mehrere Pillen genommen würden, sagte Urologie-Professor Axel Merseburger von der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Insofern sei man - egal ob es um 25 oder 50 Milligramm gehe - generell gegen eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht.
Hilft Viagra immer?
Dass Viagra wirkt, ist unbestritten. Kardiologe Heinz-Wilhelm Esser verweist im Podcast aber auch auf die Grenzen der blauen Pille: "Viagra unterstützt letztendlich die Füllung des Penis. Mehr aber eben auch nicht. Wenn ich aber keinen sexuellen Reiz im Kopf habe, dann kann man einwerfen, was man will, es wird nichts passieren."
Je älter, desto mehr Sexprobleme
Potenzprobleme werden außerden immer häufiger, je älter der Mann ist. Erektile Dysfunktion - so der medizinische Fachbegriff - soll rund 40 Prozent aller Männer zwischen 40 und 50 Jahren betreffen. Bei Männern über 60 sind es sogar 60 Prozent. Für viele Betroffene und deren Partner und Partnerinnen ist das vor allem ein psychisches Problem.
Potenzwirkung nur zufällig entdeckt
Dabei war Viagra zunächst gar nicht als Potenzmittel gedacht: Eigentlich sollte das Medikament den Blutdruck senken und Gefäße bei bestimmten Herzerkrankungen erweitern. In ersten Studien berichteten Probanden aber vor allem über ihre wiederentdeckte sexuelle Standfestigkeit. Für das Unternehmen Pfizer ein Glücksgriff, schließlich schlucken heute weltweit Millionen Männer Viagra.
Viagra für Frauen: viele Nebenwirkungen!
Und nicht nur die Männer! Der Wirkstoff Flibanserin sorgte vor ein paar Jahren für Schlagzeilen, wurde schnell auch als "Pink Viagra" bekannt. Das Versprechen: die Lust der Frau steigern. Anders als das Viagra für Männer beeinflusst "Pink Viagra" aber nur den Serotoninspiegel im Gehirn – es wirkt, wenn überhaupt, im Kopf, nicht in der Unterhose. Normale Schwankungen im Lustempfinden beeinflusst auch "Pink Viagra" nicht. In Studien haben zudem nur wenige Frauen von einer Verbesserung ihres Sexlebens berichtet. Auch die vielen Nebenwirkungen sollten vor der Einnahme berücksichtigt werden. Ursprünglich war Flibanserin zur Regulierung von Angststörungen entwickelt worden.
(Dieser Artikel wurde erstmals am 27.03.2023 veröffentlicht.)
Quellen und weiterführende Links
BRISANT
dpa
WDR
NDR
Süddeutsche Zeitung
Berufsverband der Frauenärzte e.V.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 11. Juli 2023 | 17:15 Uhr