"Sexuell missbraucht, verführt, entjungfert" Nichte und Tochter von Maximilian Schell erheben Missbrauchsvorwürfe
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18. Oktober 2023, 09:43 Uhr
Ich wurde als Vierzehnjährige von meinem Onkel sexuell missbraucht, verführt, entjungfert.
Es sind schwere Vorwürfe, die Marie Theres Relin in ihrem Buch "Szenen keiner Ehe" (erschien am 02.10.) gegen ihren Onkel Maximilian Schell (†83) erhebt. Zwar benennt sie ihn nicht namentlich als Täter, allerdings legen ihre Schilderungen nahe, wen sie meint.
Der Schauspieler soll seine damals 14-jährige Nichte vergewaltigt haben. Ihrer Mutter, Schauspielerin Maria Schell, gibt Marie Theres Relin eine Mitschuld.
"Seine Zärtlichkeiten waren ekelhaft."
"Im Alter von dreizehn oder vierzehn übernachtete ich bei ihm in seiner Wohnung", erinnert sich Marie Theres Relin an den wohl schlimmsten Tag ihres Lebens. "Ein durchaus normaler Vorgang, das machte ich öfter."
Marie Theres durfte im Arbeitszimmer ihres Onkels schlafen. Sie sagten sich "Gute Nacht", doch Maximilian Schell habe seine Nichte noch einmal heimgesucht.
Seine Hand glitt zwischen meine Schenkel. [...] Seine Zärtlichkeiten waren ekelhaft. [...] Ich begann am ganzen Körper zu zittern. Meine Angst verstand er als meine Erregung. Der schwere alte Mann legte sich auf meinen blutjungen Körper. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Er führte sein - kleines - Glied ein. Ich wehrte mich nicht, ich war wie tot. Schockstarre.
"Ich habe mich selbst verleugnet."
Erst jetzt, neun Jahre nach dem Tod des Über-Schauspielers, findet Marie Theres Relin den Mut, ihr Schweigen zu brechen.
Eigentlich wollten sie und ihr Ex-Mann Franz Xaver Kroetz in ihrem gemeinsamen Buch "Szenen keiner Ehe" ihre gescheiterte Beziehung aufarbeiten. Doch während des Schreibprozesses kamen Narben und Wunden zu Tage, die die Schauspielerin fast vergessen hatte.
Warum sie erst jetzt spricht? Marie Theres Relin gibt ihrer Familie eine Mitschuld.
Ich wusste, dass ich die Geschehnisse dieser Nacht niemandem anvertrauen konnte. Meine Mutter hätte mir nie geglaubt. Sie hätte sich vehement gewehrt, wenn jemand mit spitzen Fingern ein Schmutztuch über der Familie ausbreiten würde. Sie hätte auf Beweisen bestanden oder gar in mir eine Lolita vermutet. Ich schämte mich. Das Opfer wurde zum Täter und schwieg.
Marie Theres Relin: "Meine Mutter unterstützte Pädophilie"
Nicht einmal ihrem damaligen Mann Franz hätte sie sich anvertrauen können. "Er hätte wahrscheinlich meinen Onkel gelyncht, wenn er's gewusst hätte." Auch gegenüber ihren drei Kindern schwieg Marie Theres.
Nur meine mittlere Tochter hegte eine große Abneigung gegen meinen Onkel - sie hat eine klare Intuition, eine Menschenkenntnis. Ich konnte es viele Jahre nicht aussprechen. Erst mit seinem Tod lockerte sich meine Zunge.
Mitglied der "Schell"-Familie: Fluch und Segen
Marie Theres wuchs als Tochter der großen Maria Schell und als Nichte von Maximilian Schell in einer der bekanntesten deutschsprachigen Schauspielerfamilien auf. Auch ihr Onkel Carl und ihre Tante Immy machten sich im Film- und Theaterbusiness einen Namen.
Der Bekanntheitsgrad ihrer Familie setzte ihr zu. Doch nicht nur das: Auch unter den toxischen Familienstrukturen hatte Marie Theres Relin zu leiden. "Meine Mutter in ihrer dämlichen Männerverehrung hatte die pädophilen Neigungen sozusagen gefördert."
Denn ihr Martyrium, die Geschichte zwischen ihr und Maximilian Schell, begann schon vor jener verhängnisvollen Nacht, wie Marie Theres Relin schreibt. "Sie begann schon, als ich ein kleines Mädchen war und meine Mutter ihn selbstverständlich ins Bad schickte, wenn ich in der Badewanne saß. Da setzte er sich an den Badewannenrand, erzählte Geschichten und ließ ab und an die Hand ins Wasser gleiten."
Marie Theres Relin: "Fehler meines Lebens"
Gegen die Vorwürfe wehren kann sich Maximilian Schell nicht mehr. Der Schauspieler starb 2014. Marie Theres Mutter Maria Schell starb schon 2005. Das Familiengrab der Schells befindet sich auf dem Gemeindefriedhof von Preitenegg in Kärnten.
Nach dem Tod von Maximilan Schell suchte sich Marie Therese Hilfe bei einem Therapeuten und arbeitet nach wie vor ihr Trauma auf. Ihre bisherige Bilanz:
Ich sehe ganz klar, wo der Fehler meines Lebens lag: nicht den Mund aufzumachen. Ich habe immer Frauen aufgefordert, sich gegen häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch zu wehren und es auch auszusprechen. Ich hab' beides selbst erlebt und habe geschwiegen.
Auch Tochter Nastassja erhebt Vorwürfe
Auch Nastassja Schell, Tochter von Maximilian Schell, erhebt Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ihren Vater.
Sie spricht in Interviews mit RTL und der "Bild"-Zeitung von "Streicheleinheiten" und Berührungen im intimen Bereich. Damals habe sie gedacht, das sei normal, sagte sie im RTL-Interview. "Das ist nicht normal, kann ich jetzt sagen."
Der "Bild" sagte sie: "Für mich hätte er vor Gericht gehört und Strafe büßen müssen."
Das sagte Maximilian Schell zum Thema Vergewaltigung
Makaber: Im Dezember 2013 - kurz vor seinem Tod - äußerte sich Maximilian Schell live im Kölner-Treff zum Thema Vergewaltigung - und sorgte damit für viel Diskussion.
Damals wurden Szenen aus einem Köln-Tatort gezeigt, in dem die Assistentin der Kommissare einem sadistischen Täter in die Hände fällt, der Vergewaltigungsfantasien auslebt.
Maximilian Schell dazu: "Jeder Mensch träumt oder denkt an Sachen, die er nie tun würde, zum Beispiel auch an Vergewaltigung." Die wohl schlimmste Aussage: “Dem Vergewaltiger macht's sicher Spaß. Aber vielleicht macht's ihr auch Spaß."
Damals löste der Auftritt eine Welle von Kritik aus. Maximilian Schells Managerin ließ ausrichten: "Er meinte das mit Sicherheit nicht so, wie es bei den Zuschauern ankam."
(Dieser Artikel wurde erstmals am 28.09.2023 veröffentlicht)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 28. September 2023 | 17:15 Uhr