Kevin Spacey erscheint vor dem Southwark Crown Court.
Insgesamt vier Wochen ist der Prozess gegen den Schauspieler in London angesetzt. Sollte er schuldig gesprochen werden, könnte Spacey eine Gefängnisstrafe drohen. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Prozess in London Kevin Spacey vor Gericht: Elton John sagt für ihn aus

27. Juli 2023, 11:38 Uhr

Der Prozess gegen Schauspieler Kevin Spacey geht weiter. Es geht um sexuelle Übergriffe und ungewollten Sex, das werfen mehrere Männer dem 63-Jährigen in London vor. Der Prozess gegen den Oscarpreisträger im Überlick.

Achter Prozesstag: Elton John sagt für Kevin Spacey aus

Von der Bühne seines allerletzten Konzertes ging es für Elton John quasi direkt in den Gerichtssaal. Jedenfalls fast - am Montag wurde der Sänger per Videoschalte ins Southwark Crown Gericht in London zugeschaltet, um im Fall Kevin Spacey eine Aussage zu machen. Sowohl Elton John als auch sein Ehemann David Furnish wurden unabhängig voneinander von der Verteidigung in den Zeugenstand gebeten, um sie zu Spaceys Anwesenheit bei der besagten Wohltätigkeitsveranstaltung zu befragen - Elton John und David Furnish waren in den frühen 2000ern die Gastgeber dieser Veranstaltung.

Elton John wurde gefragt, ob er sich an den Namen oder das Gesicht einer der Ankläger erinnern könne, beides verneinte er. Anschließend sollte er die Teilnahme Spacey's bei der Wohltätigkeitsgala bestätigen. John sagte dazu: "Ich erinnere mich gut, denn er kam in einer weißen Krawatte. Er kam mit einem privaten Flugzeug und im Anschluss direkt zur Gala." Weiter sagt der Sänger aus, dass Spacey nach der Gala im Haus von John und Furnish übernachtet habe.

Ehemann David Furnish sagte vor Gericht aus, dass die Wohltätigkeitsveranstaltung im Jahr 2001 die einzige war, die Kevin Spacey jemals besuchte. Damit sei er sich sicher, da er Fotos durchgeschaut hätte und nur auf der Gala aus diesem Jahr Kevin Spacey entdecken konnte. Auch er wurde gefragt, ob er sich an einen der Ankläger erinnern könne. Anders als Ehemann Elton John beantwortet er diese Frage mit "Ja". Über einen sagte er: "Er war ein bisschen frech, hatte immer ein freches Lächeln auf dem Gesicht. Man konnte mit ihm immer lustige Scherze machen."

Elton John und David Furnish bei einer Veranstaltung
Die Wohltätigkeitsgala, bei der es zu einem mutmaßlichen sexuellen Übergriff gekommen sein soll, wurde von Elton John und seinem Ehemann David Furnish organisiert. Bildrechte: IMAGO/ABACAPRESS

Sechster Prozesstag: Kevin Spacey räumt sexuellen Akt und "romantische" Berührungen ein

Nachdem im Prozess gegen Kevin Spacey alle mutmaßlichen Opfer ihre Aussagen gemacht haben, ging es am Donnerstag (13. Juli) für den Schauspieler selbst in den Zeugenstand. Er ging auf die Aussagen der Zeugen ein und berichtete in einem emotionalen Statement unter Tränen davon, welche Folgen die Anschuldigungen ihm gegenüber hatten.

Spacey gab in seiner Aussage die Vorwürfe eines Mannes, ihn in der Leistengegend berührt zu haben, zu. Es habe sich laut dem Schauspieler dabei aber um "romantische" Berührungen gehandelt: "Es war nicht gewalttätig, aggressiv oder schmerzhaft. Es war sanft." Als der Zeuge deutlich machte, dass er nicht mehr wolle, habe der Schauspieler aufgehört. Die Beziehung zu dem Mann sei "lustig, charmant und kokett" gewesen. "Es wurde sexuell, aber wir hatten keinen Sex - weil er deutlich machte, dass er nicht weitermachen möchte."

Eine weitere Anschuldigung, einem mutmaßlichen Opfer während einer Wohltätigkeitsveranstaltung "schmerzhaft" in den Schritt gefasst zu haben, wies der Schauspieler als "Wahnsinn" zurück.

In einem anderen Fall hätte sich die Lage nach einem sexuellen Akt geändert. Als der Schauspieler aus dem Badezimmer kam, sei der Mann plötzlich und in Eile aufgebrochen. In einem Telefonat im Anschluss habe er Spacey allerdings versichert, dass alles in Ordnung sei. Laut eigener Aussage hätte es sich allerdings um einvernehmlichen Sex gehandelt.

Kevin Spacey
Unter Tränen berichtete der Schauspieler vor Gericht von seinen finanziellen Verlusten seit den ersten Anschuldigungen. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Zu den finanziellen Folgen dieses Prozesses sagte Spacey am Donnerstag unter Tränen: "Ich habe alles verloren." Noch ehe eine einzige Frage gestellt wurde, hätte er seinen Job, seine Reputation und alles andere innerhalb weniger Tage verloren. Mit ein paar wenigen Ausnahmen sei er während der letzten fünf, sechs Jahre nicht mehr in der Lage gewesen zu arbeiten. "Ich habe keine Einnahmen, dafür aber viele Anwaltskosten. Ich habe noch längst nicht alles bezahlt und daher Schulden."

Vierter und fünfter Prozesstag: Mutmaßliches Opfer wachte während sexuellem Übergriff auf

Im Prozess gegen Schauspieler Kevin Spacey gehen die Anschuldigungen von mutmaßlichen Opfern weiter. Am vierten und fünften Prozesstag berichten weitere Zeugen von den sexuellen Übergriffen des Schauspielers. Am Montag (10. Juli) sagte ein weiterer Zeuge aus. Unter Tränen erzählt er, dass er sich nicht gewehrt habe, als Spacey seinen Kopf in seinen Schritt gelegt habe.

Der Nachwuchsschauspieler und Spacey trafen sich offenbar, nachdem der Zeuge ihn in einem Brief um Hilfe geben hatte. Gemeinsam hätten sie in Spaceys Wohnung Cannabis konsumiert und eine Pizza gegessen. Anschließend habe sich der Oscarpreisträger dem Zeugen erstmals genähert. Nach eigenen Aussagen, sei das mutmaßliche Opfer daraufhin eingeschlafen. Er selbst hätte das damals ungewöhnlich gefunden, da ihm so etwas normalerweise nicht passiere, wollte aber niemandem etwas vorwerfen.

Als er am nächsten Morgen wieder aufwachte, will er festgestellt haben, dass der Schauspieler die Hose des Zeugens geöffnet hatte und Oralsex an ihm vollzog. Der Zeuge hätte Spacey weggestoßen und sei anschließend von ihm gebeten worden, die Wohnung zu verlassen und mit niemandem über dieses Ereignis zu reden. Im Kreuzverhört gab er dann an, wohlmöglich mit Hilfe von Drogen benutzt worden zu sein.

Kevin Spacey
Alle vier mutmaßlichen Opfer haben mittlerweile ihre Zeugenaussagen vor Gericht gemacht. Der Prozess geht weiter. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Schon am vergangenen Mittwoch (05. Juli) berichtete ein vermeintliches Opfer, dass sich ein Vorfall im Jahr 2005 während einer Wohltätigkeitsveranstaltung ereignet haben soll.

Er berichtet davon, wie Spacey ihm auf aggressive Art und Weise und ohne Erlaubnis an die Genitalien gefasst haben soll: "Er packte mich mit solch einer Kraft, dass es weh tat.", schreibt "Variety" über die Aussage. Als das mutmaßliche Opfer dem Schauspieler eine Absage erteilte, soll der daraufhin nur gelacht haben.

Dritter Prozesstag: Kläger vergleicht Spacey mit Serienmörder

Die Aussage eines mutmaßlichen Opfers wurde jetzt vor Gericht eingespielt. Der Mann warf dem Schauspieler eine "gestörte Sexualität" vor. Vor mehr als 20 Jahren habe er begonnen, den Kläger sexuell zu belästigen, obwohl dieser deutlich machte, dass die Annäherungsversuche unerwünscht seien. Trotz allem hätte der "Triebtäter", wie der Kläger ihn nennt, darauf bestanden.

Junge, gut aussehende Männer seien schon damals vor Spacey gewarnt worden. Das mutmaßliche Opfer nannte den Schauspieler einen "schlüpfrigen, schlangenartigen, schwierigen Menschen" und verglich ihn mit einem psychopathischen Serienmörder, den Spacey im Film "Sieben" spielt.

Kevin Spacey
Auch am Montag (03.07) verließ der Schauspieler das Gerichtsgebäude mit einem Lächeln auf den Lippen. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Zweiter Prozesstag: Eröffnungsplädoyers werden vorgetragen

Der zweite Prozesstag startete am Freitag (30.06.) mit dem Eröffnungsplädoyer der Anklage. Die Staatsanwaltschaft erhebt gegen Spacey schwere Vorwürfe: Er sei "ein Mann, der persönliche Grenzen oder Distanz nicht respektiert, ein Mann, dem es offenbar Freude bereitet, anderen das Gefühl zu geben, machtlos zu sein und sich unbehaglich zu fühlen", so Staatsanwältin Christine Agnew über den Schauspieler.

Auch sei er ein "sexueller Tyrann", dessen "bevorzugte Angriffsmethode" sei, "anderen Männern aggressiv in den Schritt zu packen". Als berühmter Mann und bekannter Schauspieler hätte er "seine Popularität und Prominenz, seinen Ruhm und Einfluss" genutzt, um "sich zu nehmen was und wen er wollte".

Anschließend ergriff der Anwalt des Schauspielers das Wort. Verteidiger Patrick Gibbs gab an, dass die angeblichen Übergriffe vor Jahren erfolgt sein sollen. Die Jury würde im Laufe des Prozesses einige "Halbwahrheiten", "einige absichtliche Übertreibungen" und "verdammt viele Lügen" zu hören bekommen. Kevin Spacey sei extra nach London gereist, um sich zu den Vorwürfen zu äußern und zu erzählen, "was tatsächlich passiert ist."

Kommenden Montag (03. Juli) wird der Prozess fortgesetzt.

Kevin Spacey umgeben von Fotografen
Kevin Spacey weist alle 12 Anklagepunkte zurück. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Das war der erste Prozesstag

Mittwochmorgen, 8 Uhr in London: Ein sichtlich selbstbewusster Kevin Spacey fährt vor dem Gerichtsgebäude vor. Er lächelt und winkt der wartenden Presse. Ehe der Richter die Verhandlung im Saal 1 des Southwark Crown Court eröffnet, nimmt der Schauspieler den Platz des Angeklagten in einem Glaskasten ein, während die Jury-Mitglieder auf der Geschworenenbank Platz nehmen. Die Verlesung der Anklagepunkte verfolgt er ohne Auffälligkeiten.

Am ersten Prozesstag werden lediglich Verhandlungsdetails geklärt und die Geschworenen gewählt. Nach nur wenigen Stunden, etwa gegen 13 Uhr Ortszeit, geht der erste Prozesstag auch schon wieder zu Ende. Auch beim Verlassen des Gerichtsgebäudes wirkt der Schauspieler gut gelaunt und freundlich, winkt erneut in die Kameras der Fotografen.

Der nächste Verhandlungstag ist für Freitag, den 30. Juni angesetzt. Dann sollen die Eröffnungsplädoyers der Anklage vorgetragen werden.

Kevin Spacey
Kevin Spacey nimmt sich beim Verlassen des Gerichtsgebäudes Zeit für die Fotografen. Er wirkt selbstsicher. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Wie lautet die Anklage?

Der Schauspieler Kevin Spacey muss sich in London wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe vor Gericht verantworten. Spacey ist neben Harvey Weinstein der bekannteste (mutmaßliche) Fall der #MeToo-Bewegung.

Im Prozess sollen 12 Anklagepunkte verhandelt werden. Vier Männer werfen dem Schauspieler sexuelle Nötigung vor. Zwei der Ankläger sprechen auch von nicht einvernehmlichem Sex.

Die Vorfälle sollen zwischen 2001 und 2013 sowohl in London als auch in der Grafschaft Gloucestershire stattgefunden haben. Kevin Spacey streitet die Vorwürfe ab. Der Prozess ist für insgesamt vier Wochen angesetzt.

Warum findet der Prozess in London statt?

Dass der Prozess in Großbritannien stattfindet, liegt daran, dass die Anklagen gegen den amerikanischen Schauspieler im Vereinigten Königreich erhoben wurden. Spacey hatte von 2004 bis 2015 am "The Old Vic"-Theater in London die Position des künstlerischen Leiters inne, lebte auch einige Zeit in der britischen Hauptstadt.

Insgesamt 20 Männer des Old-Vic-Theaters hatten dem Schauspieler "unangemessenes Verhalten" vorgeworfen. Verhandelt werden nun aber nur die Anschuldigungen von vier Personen.

Wie die Verhandlung ausgeht, entscheidet die am Prozess teilnehmende Jury. Sollte sie gegen Spacey entscheiden und ihn schuldig sprechen, könnte dem Schauspieler sogar eine Haftstrafe drohen.

Was sagt Kevin Spacey zu den Vorwürfen?

Bereits in den Vorverhandlungen hatte der Schauspieler alle Anschuldigungen zurückgewiesen. In einem Interview mit der "Zeit" zeigt er sich sogar zuversichtlich:

In dem Moment, in dem diese Dinge genau untersucht werden, fallen sie in sich zusammen. So war es bei dem Anthony-Rapp-Prozess, und so wird es auch bei diesem Prozess sein!

Kevin Spacey Die Zeit

Schauspieler Kevin Spacey erscheint vor dem Bundesgericht, um auf die Vorwürfe sexueller Übergriffe zu antworten.
Schauspieler Anthony Rapp hatte gegen Spacey geklagt. Der Schauspieler wurde freigesprochen. Bildrechte: IMAGO/NurPhoto

Es gehe ihm bei dem Prozess nicht darum, seinen Ruf wiederherzustellen, der sei in den Medien sowieso zerstört worden. Vielmehr gehe es Spacey um die Filmproduzenten und Regisseure, die zu ihm sagten: Wir wollen mit dir zusammenarbeiten, aber wir können nicht.

Dazu sagt der Schauspieler im Interview: "Sobald ich in London freigesprochen werde, werden mir bestimmte Leute wieder Rollen anbieten. Noch in derselben Minute!"

Nicht die ersten Vorwürfe

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der zweifache Oscarpreisträger wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe vor Gericht verantworten muss. Im vergangenen Jahr lief in New York ein Zivilprozess gegen ihn, bei dem Spacey von der Jury freigesprochen wurde. Schauspieler Anthony Rapp hatte Spacey vorgeworfen, ihn im Jahr 1986 auf ein Bett geworfen und sich auf ihn gelegt zu haben. Rapp forderte 40 Millionen Dollar Schadenersatz, doch die Jury befand Spacey für "nicht schuldig".

Zwei weitere Anklagen gegen den Schauspieler wurden fallen gelassen. Einmal, weil das mutmaßliche Opfer verstarb, das zweite Mal, weil der Hauptbelastungszeuge nicht mehr aussagen wollte.

Spacey's Karriere-Absturz

Nach Aufkommen der Anschuldigungen distanzierten sich zahlreiche Partner von dem Schauspieler. Streaming-Anbieter "Netflix" beendete die Zusammenarbeit für die Erfolgsserie "House of Cards" und verklagte ihn sogar auf Schadenersatz, nachdem Vorwürfe von Mitarbeitenden öffentlich wurden. Auch das "Old Vic"-Theater distanzierte sich nach den Anschuldigungen.

Aus dem Thriller "All the Money in the World" wurde Kevin Spacey sogar nachträglich herausgeschnitten.

(Dieser Artikel wurde am 28.06.2023 erstmals veröffentlicht.)

BRISANT/dpa/afp/Zeit

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