HormonGefährliche Gummibärchen: Kinderärzte warnen vor Einschlafhilfe Melatonin
Bunte Gummibärchen mit Melatonin sollen Kindern einen schnellen Schlaf ermöglichen - und Eltern einen stressfreien Abend. Auf Social Media ist das Nahrungsergänzungsmittel ein Trend. Kinderärzte halten das für riskant.
In Supermarkt, Drogerie oder Apotheke sind niedrig dosierte Melatonin-Präparate in Form von Tabletten, Spray, Kapseln oder auch Gummibärchen frei verkäuflich. Doch ganz ungefährlich sind die als "Einschlafhilfen" beworbenen Produkte nicht - vor allem für Kinder.
Wenig über Melatonin-Stoffwechsel bei Säuglingen bekannt
Kinderarzt Ekkehart Paditz rät davon ab, Kindern ohne Absprache mit einem Arzt eines dieser Produkte zu geben. Bislang wisse man noch zu wenig über die Abbauwege von Melatonin bei Säuglingen und kleinen Kindern, sagt der Arzt. Sicher sei, dass der Melatonin-Stoffwechsel bei ihnen langsamer laufe. Außerdem gebe es bei den in Studien geprüften Nahrungsergänzungsmitteln erhebliche Konzentrationsschwankungen.
Schlafstörungen können unterschiedliche Ursachen haben
Wenn Kinder unter ernstzunehmenden Schlafstörungen litten, sollten Eltern sich nicht auf frei käufliche Mittelchen verlassen, meint Paditz. "Eltern gehen damit ein ziemliches Risiko ein, dass möglicherweise schwerwiegende Krankheiten übersehen werden." Auch ein Hirntumor etwa könne Schlafstörungen verursachen. Der Kinderarzt rät daher: "Kinder gehören zum Kinderarzt."
Kinderärzte empfehlen Einschlafroutinen
Vielmehr aber sei wichtig, bei einem Arztbesuch herauszufinden, welche Ursache die Schlafstörung haben könne. "Wir sehen immer wieder, dass Kinder und Jugendliche Einschlafprobleme haben, weil sie eine exzessive Handynutzung haben oder Filme vor dem Einschlafen schauen", sagt Jakob Maske vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen. "Meistens erledigen sich die Probleme, wenn die Eltern sich an die Tipps für die Einführung einer Schlafhygiene halten."
Dazu gehört, Routinen zu entwickeln und vor dem Schlafen zur Ruhe zu kommen. Schließlich spielten auch Stress, Sorgen und Ängste eine Rolle beim Einschlafen.
Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein Hormon, das unser Körper selbst herstellt. Es steuert unseren Tag-Nacht-Rhytmus. Der menschliche Körper produziert Melatonin wenn es dunkel wird. Deshalb werden wir müde.
Als Hormon greift Melatonin stark in unseren Körper ein. Schlafexperten warnen davor, das Schlafmittel wie Kräuterzusätze, Nahrungsergänzungsmittel oder Vitamine zu betrachten.
Nebenwirkungen von Melatonin-Präparaten
Nimmt man zu viel Melatonin ein, kann das unseren Schlafrhythmus empfindlich durcheinanderbringen. Dann ist man auch tagsüber müde.
Außerdem kann eine Überdosierung des Hormons Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Nervosität und Magen-Darm-Beschwerden verursachen.
Vorsicht geboten ist bei der Einnahme von Melatonin im Winter. Denn dann ist der menschliche Melatonin-Spiegel bereits erhöht, weil es weniger Sonnenlicht gibt. Was zu einer "Winterdepression" führt, kann durch zusätzliches Melatonin verstärkt werden. Deshalb sollten Menschen, die zu Depressionen neigen, auf zusätzliche Dosen des Hormons besser verzichten.
Quellen und weiterführende Links:
(Dieser Artikel wurde erstmals am 27.07.2022 veröffentlicht.)
Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 11. Dezember 2023 | 17:15 Uhr