Erkenntnisse der ForschungMorgens immer müde? Jugendliche können nichts dafür!
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Wann sollte morgens die Schule beginnen? Jahrzehntelang war das klar: Möglichst früh, angepasst an den Arbeitsbeginn der Eltern. Doch Forscher plädieren für einen späteren Schulbeginn. Sie sagen: Viele Jugendliche sind am frühen Morgen einfach nicht leistungsfähig. Schuld daran: die Hormone in der Pubertät!
Plötzlich Langschläfer: Was ist mit meinem Kind los?
Kleine Kinder sind meist von Natur aus Frühaufsteher. In der Grundschulzeit bildet sich dann schon eine gewisse Vorliebe bei den Kindern heraus und die Schlafzeiten können sich verschieben.
Doch in der Pubertät ändert sich das nochmal ganz gewaltig - viele Eltern können ein Lied davon singen: Plötzlich kommt der Nachwuchs erst gegen 22 Uhr richtig in Schwung. Und morgens? Da erscheint der gemeine Jugendliche nicht mehr zum gemeinsamen Wochenendfrühstück, schläft gerne bis zum Mittag und muss an Schultagen mehrmals geweckt werden.
Jugendliche in der Pubertät sind eine ganz besondere Spezies Mensch. Davon können nicht nur leidgeplagte Eltern ein Lied singen. Ihre Hormone gehen mit ihnen durch, denn ihre Gehirnverkabelung wird generalüberholt.
Albrecht Vorster, Schlafforscher und Autor des Buches "Warum wir schlafen": | Techniker Krankenkasse
Ist das wirklich dasselbe Kind, das jahrelang morgens früh um 6 am Bett der Eltern stand und bereit für Action war? Ist es. Und: Dass sich das nun ändert, hat weder etwas mit Faulheit noch mit einer selbst verschuldeten Schlafrhythmus-Verschiebung zu tun.
Im Gegenteil: Schon seit Jahren weisen Forscher darauf hin, dass das Gehirn in der Pubertät die Jugendlichen quasi automatisch zu Eulen - also Langschläfern - macht.
Aus chronobiologischer Sicht fängt die Schule für Mittel- und Oberstufenschüler tatsächlich zu früh an. Ihre innere Uhr, ihr zirkadianer Rhythmus, ist nach hinten verschoben. Deshalb sind sie in den ersten Stunden geistig einfach noch nicht so fit.
Chronobiologe Henrik Oster | Spektrum.de
Forscher: Verschiebung ist ein weltweites Phänomen
Mit dem Beginn der Pubertät, also im Alter von elf, zwölf Jahren, verschiebt sich der innere Rhythmus eines Menschen im Durchschnitt um einige Stunden nach hinten. Das ist laut Wissenschaft ein weltweites Phänomen.
Das Maximum dieser Entwicklung ist mit Anfang 20 erreicht. Mit steigendem Alter werden Erwachsene eher wieder zu Frühaufstehern.
Jugendliche werden zu Nachteulen
Das bedeutet, dass sich bei jungen Menschen während der Pubertät der Biorhythmus für einige Jahre umstellt - auch bei Jugendlichen, die eigentlich bislang Frühaufsteher waren (und später auch wieder werden können)!
Etwa 16 Prozent der Jugendlichen werden ab der Pubertät für einige Jahre zu Nachteulen. Bei den anderen verschiebt sich der Rhythmus aber ebenfalls.
Die Folge: Wer erst nach Mitternacht zur Ruhe kommt, hat morgens in der Schule Probleme. Auch wenn es später wieder anders werden kann: Zwischenzeitlich können die Schulnoten leiden!
Schulstart nach hinten verschieben - ja oder nein?
Chronobiologen der Ludwig-Maximilians-Universität München haben herausgefunden, dass es sich positiv auf Schlaf und Leistungsfähigkeit auswirkt, wenn Schüler selbst entscheiden, ob sie um acht oder um kurz vor neun Uhr zum Unterricht erscheinen. Kritiker wenden ein, dass Schülerinnen und Schüler, die morgens müde sind, doch früher ins Bett gehen sollen - und dann auch morgens früher wach sind.
Doch das geht nicht, sagen Forscher wie Till Roenneberg von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, denn: Teenager können laut ihrer Erkenntnisse abends nicht früher einschlafen - sie sind dann einfach noch nicht müde!
Und: Gehört ein junger Mensch dann ohnehin noch zum Chronotyp der Eulen, wirkt der in der Pubertät stattfindende "Schlafrhythmus-Umbau" noch extremer.
Welche Schlaftypen gibt es?
Wer der Pubertät schon entwachsen ist, aber trotzdem noch das Gefühl hat, morgens einfach nicht leistungsfähig zu sein, der sollte sich mal mit dem Thema "Chronotypen" befassen. Denn: Ob jemand Frühaufsteher oder Spätaufsteher ist, bestimmt unsere innere Uhr.
Schlafforscher unterscheiden dabei zwischen drei Schlaftypen:
- Lerchen, also Menschen die früh aufstehen und früh ins Bett gehen.
- Eulen, die abends oft aktiver sind und länger wach sind, jedoch früh morgens nur schwer aufstehen können.
- Tauben: Die meisten Menschen bewegen sich zwischen diesen Extremen und bilden somit den dritten Normaltyp.
Online-Test: Welcher Schlaftyp bin ich?
Wer herausfinden will, welcher Chronotyp er ist, kann das im Urlaub gut testen:
- Gehen Sie dann ins Bett gehen, wenn die Müdigkeit kommt und stellen Sie morgens keinen Wecker.
- Schaffen Sie eine natürliche Lichtsituation zu schaffen, also setzen Sie sich möglichst keiner grellen künstlichen Beleuchtung aus, wenn es draußen dunkel ist.
- Nach einigen Tagen kann sich ein natürlicher Rhythmus einspielen, der den jeweiligen Schlaftyp verrät.
Ein Online-Test des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung bietet ebenfalls die Möglichkeit, mehr über den eigenen Schlafrhythmus und die innere Uhr zu erfahren.
Quellen und weiterführende Links
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 16. April 2024 | 17:15 Uhr