Windenergie Streitpunkt Windkraftanlagen - ist Windenergie besser als ihr Ruf?
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19. Oktober 2023, 16:03 Uhr
Windenergie ist umweltfreundlich und schont die Ressourcen. Dennoch protestieren immer wieder Menschen gegen Windräder in ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie sorgen sich um ihre Gesundheit und um die Tierwelt. Über die Mindestabstände von Windkraftanlagen zu Wohnhäusern ist jetzt auch in der Politik eine neue Diskussion entbrannt. Was ist dran an den Befürchtungen der Menschen und der möglicherweise geplanten Gesetzesänderung?
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Eine Windkraftanlage wandelt die Bewegungsenergie des Windes in elektrische Energie um und speist sie in ein Stromnetz ein. Dabei werden weder nicht-erneuerbare Rohstoffe verbraucht noch CO2 ausgestoßen.
Im Jahr 2021 stammten 23 Prozent der deutschen Stromerzeugung aus Windkraftanlagen an Land und auf See. An Land befanden sich zuletzt mehr als 29.000 sogenannte Onshore-Windenergieanlagen, während in deutschen Gewässern rund 1.500 Offshore-Windenergieanlagen Strom in das Netz einspeisen.
Damit ist Deutschland im europäischen Vergleich das Land mit der höchsten Stromerzeugung aus Windenergie, gefolgt vom Vereinigten Königreich, Spanien und Frankreich.
Im Jahr 2021 war Windkraft zum dritten Mal in Folge die stärkste Energiequelle in Deutschland - noch vor Braunkohle und Atomkraft. Und das, obgleich die Windkraft-Bilanz witterungsbedingt etwas schwächer ausfiel als in den beiden Jahren davor.
Ohne Wind keine Windenergie
Auf den ersten Blick scheint Windenergie nahezu perfekt zu sein: sauber, erneuerbar und effektiv. Doch ganz ohne Nachteile kommt auch diese Form der Energiegewinnung nicht aus.
Der erste liegt in der Natur der Sache - dem Wind. Bleibt der einmal aus, stehen die Windräder still. Energie kann also nur gewonnen werden, wenn es tatsächlich etwas windig ist. Als einzige Energiequelle scheiden Windräder deshalb aus. Denn wirtschaftlich speichern lässt sich überschüssige Energie bislang nicht. Wird Windenergie nicht sofort in Strom umgewandelt, verpufft sie.
Windenergie - preiswerter Strom aus erneuerbaren Rohstoffen
Zwar ist der Bau von Windenergieanlagen vergleichsweise kostenintensiv, dennoch ist Windenergie (an Land) die preiswerteste Form von Strom aus erneuerbarer Energie. Bis sie sich energetisch amortisiert haben, benötigen Windkraftanlagen zwischen drei und sieben Monate, sogenannte Offshore-Anlagen im Meer sogar noch kürzer.
Während ihrer etwa 20-jährigen Laufzeit erzeugt eine Windenergieanlage bis zu 70 Mal so viel Energie, wie für ihre Herstellung, Nutzung und Entsorgung benötigt wird.
Lärmbelästigung durch Windräder - was ist dran?
Menschen, die in der Nähe einer Windkraftanlage leben, stören sich an der Optik der großen Windräder - und an ihrem Lärm. Denn starke Lärmbelästigung kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
Im Bundes-Immissionsschutzgesetz sind Grenzwerte für Lärmpegel gelistet, die gesetzlich bindend sind. Für Windkraftanlagen beträgt dieser Grenzwert 55 Dezibel und ist damit der gleiche Wert wie für den Straßenverkehrslärm in Städten.
Werden neue Windkraftanlagen errichtet, müssen diese Grenzwerte berücksichtigt und Mindestabstände zu Wohngebieten eingehalten werden. Gleiches gilt für den sogenannten Infraschall.
Neue Diskussion über Mindestabstand von Windrädern entbrannt
Bislang werden die einzuhaltenden Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern von jedem Bundesland individuell geregelt. In Nordrhein-Westfalen muss ein Abstand von 1.000 Metern eingehalten werden, ähnlich sieht es in Brandenburg aus. In Bayern dagegen muss der Mindestabstand die Höhe der Windkraftanlage mal zehn betragen. Das hat dazu geführt, dass in dem Bundesland zuletzt nur acht neue Windkraftanlagen in Betrieb gingen.
Um das im Koaltitionsvertrag festgeschriebene Ziel zu erreichen, dass 2 Prozent der Grundfläche eines jeden Bundeslandes für Windenergie genutzt werden, soll die Ampel-Regierung dpa-Berichten zufolge eine Änderung des Baugesetzbuches planen. Ein Referentenentwurf dazu soll vorsehen, die Regelung aufzuheben, die es den Ländern ermöglicht, Mindestabstände für Windräder zu Wohnbebauung selbst festzulegen. Davon betroffen wären allerdings nur die Länder, die eine solche Regelung bislang nicht haben. Bereits getroffene Länderregelungen sollen fortbestehen können.
Pläne, die insbesondere der FDP nicht zu behagen scheinen. FDP-Fraktionschef Dürr stellte klar, dass ein Streichen von Abstandsregeln für Windräder kein Vorhaben der Ampel-Koalition sei, "sondern eine Idee der Grünen". Der Ausbau der Windenergie scheitere derzeit nicht an den Abständen, "sondern vor allem an einem Wust an Bürokratie". Der Ausbau der erneuerbaren Energien gelinge nur mit der Akzeptanz der Menschen vor Ort.
Gefahr für Vögel und Fledermäuse
Neben der Störung des Landschaftsbilds können die Rotoren der Windräder - je nach Standort - eine Gefahr für Vögel, Fledermäuse und Insekten sein. Bis zu 100.000 Vögel, etwa 250.000 Fledermäuse und andere Tiere sollen laut Bund pro Jahr an den Rotoren zerschellen.
Allerdings: Rund 100 Millionen Vögel sterben jährlich allein in Deutschland durch Glasscheiben an Gebäuden, etwa 70 Millionen Vögel verlieren ihr Leben im Straßen- und Bahnverkehr.
Aktuell arbeiten Experten an Sensoren, die die Rotoren der Windräder stoppen sollen, sobald Vögel oder Fledermäuse in der Nähe sind.
(Dieser Artikel wurde erstmals am 15.11.2021 veröffentlicht.)
Quellen: bund.de/badenova.de/umweltbundesamt.de/statista.com/dpa
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 12. Mai 2022 | 17:15 Uhr