Frau an einem Bahnsteig
Panikattacken können aus dem Nichts auftreten und lösen starke Angstgefühle aus. Bildrechte: Colourbox.deColourbox.de

Kurz- und langfristig Hilfe bei Panikattacken und Angststörungen - Das können Sie tun

14. Mai 2024, 14:32 Uhr

Etwa 12 Millionen Deutsche leiden unter Angststörungen und Panikattacken. Sie kommen häufig aus dem Nichts, doch die Angst kehrt immer wieder zurück. Was Betroffene selbst gegen die Attacken tun können, und ob es auch langfristige Hilfe gibt, erfahren Sie hier.

Das Herz schlägt heftig und bis zum Hals, die Gedanken kreisen ungewohnt stark - für Betroffene sind Panikattacken kaum auszuhalten, auch wenn sie meist schon nach kurzer Zeit verschwinden. Was den Angstzustand häufig noch verschlimmert: Die Attacken kommen scheinbar aus dem Nichts und sorgen für völlige Hilflosigkeit und ein Gefühl der Unwirklichkeit und Fremdheit. In extremen Fällen gipfelt die Attacke in der Angst, einen Herzinfarkt zu erleiden und zu sterben.

Angst- und Panikstörungen gehören in Deutschland zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Circa 14 Prozent der Bevölkerung, also rund 12 Millionen Deutsche, leiden unter einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Frauen deutlich häufiger als Männer. Trotzdem werden sie in knapp der Hälfte der Fälle nicht erkannt. Der Grund: Die meisten Betroffenen vermuten, dass hinter ihren Symptomen eine organische Krankheit steckt. 

Was sind Symptome einer Panikattacke?

Nicht nur psychisch sind Panikattacken und Angsstörungen eine Herausforderung, auch körperlich gibt es oft starke Symptome. Zu den häufigsten zählen Herzrasen, Atemnot, starkes Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Schwindelgefühl, Engegefühl in der Brust und im Hals, weiche Knie und Kribbeln in Armen und Beinen. Die gute Nachricht: "Eine Panikattacke ist im Grunde harmlos", sagt Professor Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Uniklinikum Mainz gegenüber der Apotheken-Umschau.

Welche Angststörungen gibt es?

Es gibt verschiedene Angsterkrankungen, bei denen die Symptome von Mensch zu Mensch variieren. Generell unterscheidet man zwischen:

  • Panikstörung: Die Betroffenen werden von plötzlichen Panikattacken überfallen. Sie haben auf einmal massive Angst, ihr Herz rast, sie zittern und schwitzen. 
  • Agoraphobie: Menschen, die an Agoraphobie leiden, haben Angst vor Situationen, in denen es für sie vermeintlich keine Fluchtmöglichkeit oder Hilfe gibt - zum Beispiel im Flugzeug oder im Bus.
  • Generalisierte Angststörung: Ständige Sorgen, auch wenn dafür kein Grund besteht.
  • Soziale Phobie: Charakteristisch ist, Situationen zu vermeiden, in denen man fürchtet, sich zu blamieren oder von anderen negativ beurteilt zu werden. 
  • Spezifische Phobie: Hier zentriert sich die Angst auf genaue Situationen oder Gegenstände. Zum Beispiel jagen den Menschen bestimmte Tiere wie Katzen und Vögel oder tiefe Gewässer Angst ein.

Wodurch werden Panikattacken ausgelöst?

Es gibt nicht den einen Auslöser für die Attacken. Sie können in Momenten der Unsicherheit auftreten oder durch bestimmte Orte und Situationen ausgelöst werden. Beispiele sind große Menschenmengen, unangenehmes Engegefühl im Fahrstuhl oder Flugzeug oder der Weg zu einer wichtigen Prüfung. Eine Panikattacke kann aber auch "einfach so" auftreten - zu Hause auf dem Sofa beim Fernsehen. Oft treten Panikattacken auch nach längeren Stressphasen und ungelösten, belastenden Konflikten auf.

Was passiert bei einer Panikattacke?

Ein kleines Gefühl der Angst oder Unsicherheit kann zu einer Kettenreaktion mit den oben aufgeführten Symptomen führen. Das liegt daran, dass der Körper die Situation falsch interpretiert und sich ernsthaft in Gefahr wähnt. Als Reaktion wird das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet, was den Herzschlag erhöht und mehr Blut durch die Gefäße pumpt. Die Muskeln spannen sich an und sorgen für das unangenehm beklemmende Gefühl.

Wie oft treten Panikattacken auf?

Die Attacke erreicht meist in den ersten zehn Minuten ihren Höhepunkt, klingt nach etwa einer halben Stunde aber wieder ab. Länger kann der Körper den extremen Zustand nicht aufrechterhalten. Nur in Ausnahmefällen dauert sie mehrere Stunden. Einige Menschen leiden mehrfach am Tag unter einer Attacke, einige einmal pro Monat oder wenige Male im Jahr oder Leben.

Kurzfristige Hilfe gegen Panikattacken

  • Ruhe zu bewahren und ruhig atmen
  • Machen Sie sich bewusst, dass Ihr Leben nicht in Gefahr ist
  • Konzentrieren Sie sich auf einen Gegenstand, der nicht angstauslösend ist.
  • Kämpfen Sie nicht gegen die Angst an. Dieser Kampf kann die Attacke noch verschlimmern.
  • Ist niemand in der Nähe, den man ansprechen an, eignet sich auch der Griff zum Telefon. Oft reichen beruhigende Worte vom Kassenärztlichen Notdienst, dem Hausarzt oder Notruf-Mitarbeiter schon aus, um die Symptome zu lindern.

Ein Mann leht an einer Wand und hält einen Arm vor der Stirn
Bei Panikattacken sollte man versuchen, ruhig zu bleiben. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de

Auf die Atmung kommt es an

Eine bewährte Methode, um mit Panikattacken klarzukommen, ist die sogenannte 4-7-8-Atmung. Dabei atmet man langsam durch die Nase ein und zählt bis vier. Anschließend hält man den Atem an und zählt bis sieben. Dann wird kräftig durch den Mund ausgeatmet und dabei bis acht gezählt. Das Ausatmen beruhigt das Nervensystem und gibt Betroffenen das Gefühl, die Kontrolle wiederzuerlangen. Die Übung kann solange wiederholt werden, bis Linderung eintritt.

Der Trick mit dem "Stopp"

Betroffene können auch versuchen, mit der Gedankenstopp-Methode den panischen Gedanken-Kreisel zu unterbrechen. Wenn solche Gedanken aufkommen, kann ein laut ausgerufenes "Stopp!" oder die Vorstellung an ein Stopp-Schild dafür sorgen. Es kann auch helfen, die Fäuste zu ballen und dann wieder zu entspannen. Es entsteht ein kleines Gefühl der Erlösung.

Langfristige Hilfe gegen Panikattacken

Langfristig gesehen kann der Lebensstil Einfluss darauf haben, ob Panikattacken auftreten oder nicht. Nach Angaben der Malteser können Alkohol, Drogen, Nikotin und Koffein die Panik verstärken. Menschen, die zu Panikattacken neigen, sollten diese Substanzen meiden.

Auch ausreichend Schlaf und ein gesunder Lebensstil mit genügend Sport und Bewegung wird immer wieder als langfristiges Hilfsmittel aufgeführt. Demnach können auch Meditation und andere Entspannungstechniken dazu führen, sich bei einer Attacke schneller wieder zu beruhigen.

Wann zum Arzt?

Treten die Panikattacken häufiger auf, kann es zur Angst vor der Angst kommen. Diese Situation hat häufig massive Auswirkungen auf den Alltag und wird Panikstörung genannt. Sie erfordert professionelle Hilfe. Erste Anlaufstelle ist dabei immer der Hausarzt.

(Dieser Artikel wurde erstmals am 18.11.2022 veröffentlicht)


Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 24. Januar 2023 | 17:15 Uhr

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