Martina Gedeck bei der Verleihung des Goldenen Ehrenbären an Martin Scorsese auf der Berlinale 2024 / 74. Internationale Filmfestspiele Berlin im Berlinale Palast.
Das Frauenbild, das Martina Gedeck in den 80er-Jahren mit ihren Rollen verkörperte, findet sie heute fragwürdig. Bildrechte: IMAGO/Future Image

"Sexy Überraschungsei" Martina Gedeck spricht über Sexismus im TV

13. Oktober 2024, 16:41 Uhr

Nastasia Pape
Bildrechte: Raphaela Fietta

Heute steht sie auf der großen Bühne der Dresdner Semperoper, angefangen hat aber alles mit kleineren Rollen im Fernsehen. Von einigen dieser TV-Auftritte distanziert sich Schauspielerin Martina Gedeck jetzt allerdings. Denn aus heutiger Sicht erscheint ihr das Frauenbild einiger ihrer frühen Rollen mehr als fragwürdig. Im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erinnert sie sich zurück:

Ich habe mit etwa 25 Jahren angefangen zu drehen und immer, immer, immer war so ein kleiner erotischer Kick dabei. [...] Wenn ich mir angucke, wie ich ausstaffiert war, der Lippenstift, die Haare – fürchterlich.

Martina Gedeck "Neue Osnabrücker Zeitung"

Bei "Liebling Kreuzberg" zum Beispiel war sie "eine Hospitantin im Anwaltsbüro, immer im kurzen Rock, die Augen schwärmerisch auf Manfred Krug gerichtet."

Nicht nur damals, sondern auch heute noch sei Sexismus in Film und Fernsehen an der Tagesordnung. Das hat die Schauspielerin erst vor Kurzem wieder zu spüren bekommen: "Vor gar nicht langer Zeit hat ein Regisseur mir ins Gesicht gesagt: 'Es soll ja Leute geben, die an Filme mit Frauen in der Hauptrolle glauben. Ich tu das nicht.'"

LIEBLING KREUZBERG / Selbsthilfe / Anwalt Liebling MANFRED KRUG hilft der hübschen Kellnerin Ria MARTINA GEDECK, die von einem Mann belästigt wird
Als Mandantin und Praktikantin des Rechtsanwalts Robert Liebling (Manfred Krug) war Martina Gedeck in zwei Staffeln der Serie "Liebling Kreuzberg" zu sehen. Bildrechte: imago images/United Archives

Martina Gedeck bekam Unterstützung von männlichen Kollegen

Martina Gedeck betont aber auch, "der Sexismus ging nicht von den männlichen Kollegen aus - das waren die herrschenden Strukturen der Fernsehlandschaft zu dieser Zeit."

Sie habe damals sogar Unterstützung von männlichen Hauptdarstellern bekommen. Manfred Krug zum Beispiel habe ihr Tipps gegeben, wie sie sich für kommende Projekte positionieren könne. Auch eine Anekdote mit Schauspiel-Ikone Götz George ist ihr in Erinnerung geblieben:

"Im Film "Schulz & Schulz" habe ich Götz Georges Geliebte gespielt. Ich erinnere mich noch, wie ich aus der Maske kam. Götz ist zusammengebrochen. 'Wie siehst du denn aus?', hat er gefragt – und dann die Maske zusammengeschissen: 'Was habt ihr aus der denn Komisches zusammengebastelt? Mach die, wie sie vorher war!'"

Martina Gedeck und Götz George 1992
"Schulz & Schulz" ist eine fünfteilige TV-Filmreihe, in der Martina Gedeck an der Seite von Götz Geroge spielt. Bildrechte: IMAGO / teutopress

Ungleichheit beim Gehalt -so geht Martina Gedeck damit um

Trotz ihrer Kritik am fragwürdigen Frauenbild von damals, habe sie sich absolut gleichberechtigt gefühlt, sagt die 63-Jährige. "Ich habe das überhaupt nicht überrissen, dass ich als kleines, sexy Überraschungsei eingebaut wurde. Insofern war ich innerlich unabhängig und frei. Ich habe mich in erster Linie mit dem Spielen beschäftigt. Ich wollte das Handwerk lernen."

Was sie aber gestört hat? Der Unterschied beim Gehalt!

Ich kann mich gut erinnern. Damals hatte ich vom Regisseur erfahren, dass ein Schauspieler in meiner Preisklasse viel mehr verdiente. Also frage ich meine Agentin: Wieso kriegt der pro Drehtag fast die Hälfte mehr als ich? Da sagt sie: 'Ja, weil der ein Mann ist, Martina.'

Martina Gedeck "Neue Osnabrücker Zeitung"

Ab dem Moment habe sie Gagen rigoros eingefordert. "Zum Glück konnte ich das da schon."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 13. Oktober 2024 | 17:00 Uhr

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