"Sexy Überraschungsei" Martina Gedeck spricht über Sexismus im TV
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13. Oktober 2024, 16:41 Uhr
Heute steht sie auf der großen Bühne der Dresdner Semperoper, angefangen hat aber alles mit kleineren Rollen im Fernsehen. Von einigen dieser TV-Auftritte distanziert sich Schauspielerin Martina Gedeck jetzt allerdings. Denn aus heutiger Sicht erscheint ihr das Frauenbild einiger ihrer frühen Rollen mehr als fragwürdig. Im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erinnert sie sich zurück:
Ich habe mit etwa 25 Jahren angefangen zu drehen und immer, immer, immer war so ein kleiner erotischer Kick dabei. [...] Wenn ich mir angucke, wie ich ausstaffiert war, der Lippenstift, die Haare – fürchterlich.
Bei "Liebling Kreuzberg" zum Beispiel war sie "eine Hospitantin im Anwaltsbüro, immer im kurzen Rock, die Augen schwärmerisch auf Manfred Krug gerichtet."
Nicht nur damals, sondern auch heute noch sei Sexismus in Film und Fernsehen an der Tagesordnung. Das hat die Schauspielerin erst vor Kurzem wieder zu spüren bekommen: "Vor gar nicht langer Zeit hat ein Regisseur mir ins Gesicht gesagt: 'Es soll ja Leute geben, die an Filme mit Frauen in der Hauptrolle glauben. Ich tu das nicht.'"
Martina Gedeck bekam Unterstützung von männlichen Kollegen
Martina Gedeck betont aber auch, "der Sexismus ging nicht von den männlichen Kollegen aus - das waren die herrschenden Strukturen der Fernsehlandschaft zu dieser Zeit."
Sie habe damals sogar Unterstützung von männlichen Hauptdarstellern bekommen. Manfred Krug zum Beispiel habe ihr Tipps gegeben, wie sie sich für kommende Projekte positionieren könne. Auch eine Anekdote mit Schauspiel-Ikone Götz George ist ihr in Erinnerung geblieben:
"Im Film "Schulz & Schulz" habe ich Götz Georges Geliebte gespielt. Ich erinnere mich noch, wie ich aus der Maske kam. Götz ist zusammengebrochen. 'Wie siehst du denn aus?', hat er gefragt – und dann die Maske zusammengeschissen: 'Was habt ihr aus der denn Komisches zusammengebastelt? Mach die, wie sie vorher war!'"
Ungleichheit beim Gehalt -so geht Martina Gedeck damit um
Trotz ihrer Kritik am fragwürdigen Frauenbild von damals, habe sie sich absolut gleichberechtigt gefühlt, sagt die 63-Jährige. "Ich habe das überhaupt nicht überrissen, dass ich als kleines, sexy Überraschungsei eingebaut wurde. Insofern war ich innerlich unabhängig und frei. Ich habe mich in erster Linie mit dem Spielen beschäftigt. Ich wollte das Handwerk lernen."
Was sie aber gestört hat? Der Unterschied beim Gehalt!
Ich kann mich gut erinnern. Damals hatte ich vom Regisseur erfahren, dass ein Schauspieler in meiner Preisklasse viel mehr verdiente. Also frage ich meine Agentin: Wieso kriegt der pro Drehtag fast die Hälfte mehr als ich? Da sagt sie: 'Ja, weil der ein Mann ist, Martina.'
Ab dem Moment habe sie Gagen rigoros eingefordert. "Zum Glück konnte ich das da schon."
Quellen und weiterführende Links
BRISANT
AFP
noz.de
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 13. Oktober 2024 | 17:00 Uhr