Kommentar Gil Ofarim: Mehr Taktik als Entschuldigung beim Comeback
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27. November 2024, 19:20 Uhr
Grundsätzlich haben Menschen eine zweite Chance verdient. So will es unser Rechtssystem und das ist gut so. Eine Frage stellt sich aber immer: Wann ist der richtige Zeitpunkt und wie bittet man um Entschuldigung?
Gil Ofarim scheint dafür nicht den idealen Weg gefunden zu haben. Bei Instagram hat er zunächst um eine zweite Chance gebeten, zehn Tage später wirbt er für ein Konzert in Bochum im April 2025.
Heftige Kommentare - aber sind sie gerechtfertigt?
Unter der Konzert-Ankündigung finden sich viele negative Kommentare. Kein Rückgrat, Selbstmitleid, einfach nur Werbung statt Anteilnahme. Kurz gesagt: Gil Ofarim wird Taktik und fehlende Empathie vorgeworfen.
Schaut man sich aber sein erstes Video und die Entschuldigung an, dann ist die Bewerbung seines Konzerts nur folgerichtig. Er hatte bereits angekündigt, sich nun wieder um Musik kümmern zu wollen und das tut er.
Hotelmitarbeiter wird nicht erwähnt - das macht viele fassungslos
Kritisiert wird in den Kommentaren eine echte Entschuldigung beim zu Unrecht beschuldigten Hotelmitarbeiter. Damit muss sich Gil Ofarim wirklich auseinandersetzen. Schließlich hat er einen nicht in der Öffentlichkeit stehenden Menschen schwer belastet.
Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Video Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Der Musiker hatte darin geschildert, dass der Hotelmanager ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, um einchecken zu können.
Der Musiker erstattete später Anzeige, aber auch der Hotelmanager wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an.
Vor Gericht legte Ofarim dann schließlich ein Geständnis ab und entschuldigte sich. Ob damit für den Hotelmitarbeiter die Sache erledigt ist, ist nicht bekannt. Eine weitere und vor allem öffentliche Entschuldigung von Gil Ofarim wäre wohl gut gewesen.
Bemerkenswert: Die überwiegend negativen Kommentare unter dem Video bleiben sichtbar, werden also nicht von ihm gelöscht.
Einfach so wieder Musik machen - geht das ?
Wenn Gil Ofarim in einer breiten Öffentlichkeit eine echte zweite Chance bekommen will, sollte er sich noch einmal erklären.
Nur zu sagen, er habe in den letzten Monaten 25 Kilo abgenommen, verzichte auf Alkohol und habe professionelle Hilfe in Anspruch genommen, reicht sicher nicht.
Warum hat er das Video damals vor dem Leipziger Hotel gemacht? Warum hat er so lange geschwiegen, auch während des Prozesses? Hat er gedacht, er käme damit durch?
Und weiß er eigentlich, wie viel Schaden er durch die mehr als zwei Jahre aufrecht erhaltenen falschen Antisemitismus-Beschuldigungen all denen zugefügt hat, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind?
Wenn er sich einem Interview stellt, wird es sicher wieder Anfeindungen geben. Einfach über die drängenden Fragen hinweg zu gehen, wird langfristig nicht helfen.
Konzert in Bochum nicht ausverkauft
In Bochum sollen 700 Menschen zum Konzert kommen. Karten gibt es noch für 55 Euro.(Stand 25.11.2024)
Er freue sich auf sein erstes richtiges Konzert nach Jahren, schreibt Gil Ofarim. Zum Motto "Korrektur der Zeit“ hat er bislang keine Auskunft gegeben.
Gil Ofarim ist aber auch Mensch und Musiker. Zwar gibt es sicher noch andere Möglichkeiten für ihn, Geld zu verdienen, zum Beispiel als Synchronsprecher, aber natürlich darf und soll er auch wieder auftreten. Gil Ofarim ist Vater von zwei Kindern. Wie es bei ihm finanziell steht, weiß nur er.
Einige Fans haben schon geschrieben, Tickets gekauft zu haben und das Gute an Konzerten ist ja: Wer keine Lust hat, muss ja nicht hingehen.
Quellen und weiterführende Links
BRISANT
dpa
Rolling Stone
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 25. November 2024 | 17:15 Uhr