Jutta Müller,
Jutta Müller ist tot. Unter ihrer Regie konnten deutsche Eiskunstläufer 57 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften gewinnen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Wolfgang Thieme

Eiskunstlauf-Mentorin von Katarina Witt Beisetzung der Jahrhundert-Trainerin Jutta Müller

13. Dezember 2023, 11:42 Uhr

Am 2. November stand die deutsche Eiskunstlauf-Welt still: Trainer-Ikone Jutta Müller ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Rund einen Monat später wird die Eiskunstlauf-Legende am 13.12. in ihrer Heimatstadt Chemnitz im engen Familienkreis beigesetzt.

Schönes Detail: Ihre Tochter Gaby Seifert bat anstelle von Blumen um eine Spende zugunsten des Chemnitzer Eislauf-Clubs.

Auch viele ihrer Schützlinge, wie zum Beispiel Katarina Witt, werden zu der Trauerfeier erwartet. Da mit einem großen Besucherandrang gerechnet wird, soll die Verabschiedung in der Trauerhalle auch nach außen übertragen werden.

Die Chemnitzerin Jutta Müller führte zahlreiche Sportler bis an die weltweite Eiskunstlaufspitze. Ihr bekanntester Schützling: Katarina Witt. Zusammen holte das Chemnitzer Duo zweimal Olympia- und viermal WM-Gold.

Jutta Müller
Jutta Müller ist im Eissport eine Ikone. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Die "Eiserne Lady" des Eiskunstlaufs

Hochgestecktes Haar, Pelzmantel und ein strenges, fast eisernes Regiment: Jutta Müller war eine der schillerndsten und bekanntesten Gesichter des DDR-Sports.

Ihre Bilanz: 57 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Ihre Schützlinge? Das Who-is-Who der deutschen Eislaufszene: Tochter Gaby Seyfert, Jan Hoffmann, Anett Pötzsch und natürlich Gold-Kati - das "schönste Gesicht des Sozialismus".

Sie hat Talent erkannt und war selbst getrieben, dass man dies nicht vergeudet. Da war sicherlich ein großer Teil eigener Ehrgeiz bei ihr dabei. Aber eben so, dass sie sich verantwortlich fühlte, das Beste gemeinsam mit dem Sportler herauszuholen.

Katarina Witt dpa

Ihre Schüler siezten die Grande Dame der Eishalle bis zum Schluss. "Frau Müller ist für mich immer Frau Müller. Aus Respekt! Und trotzdem ist sie mir ganz nah", fasste Katarina Witt ihre Beziehung zu Jutta Müller zu deren 90. Geburtstag zusammen.

In ihrer Biografie bezeichnet sie die Verbindung als "Hassliebe" - man konnte nicht mit und auch nicht ohne einander. Aber: "Ohne sie hätte ich nie diese Weltkarriere erreicht", so Katarina Witt. 

Archivbild von Katarina Witt, rechts, und ihrer damaligen Trainerin Jutta Mueller, die sich am 15. Maerz 1987 gemeinsam über den Gewinn der Goldmedaille bei den Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Cincinnati (USA) freuen.
Ikonisches Duo der Sportwelt: Katarina Witt und Jutta Müller. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Anonymous

Jahrhundert-Duo Jutta Müller und Kati Witt

Haltung, Ehrgeiz und absolute Hingabe: Nicht mehr und nicht weniger forderte Jutta Müller von ihren Schülern. "Ich habe viel verlangt und viel gegeben."

Der Erfolg gab ihr Recht: Die Chemnitzerin führte Katarina Witt 1984 und 1988 zu Olympia-Gold. Kein Weg führte damals an Kati Witt vorbei, sie galt als unbesiegbar.

Legendär: "The Battle of the Carmens" - "Das Duell der Carmens". Katarina Witt und ihre Rivalin, die US-Amerikanerin Debi Thomas, liefen bei der Olympiade im kanadischen Calgary beide zur Musik von Georges Bizets "Carmen". Katarina Witt siegte - und mit ihr Jutta Müller.

Jutta Müller und Katarina Witt
Nervenkitzel: Jutta Müller und Katarina Witt warten auf die Punkte für Katis Carmen-Kür. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | John Redman

Acht Jahre später erfüllten sich beide einen letzten gemeinsamen Traum: einmal bei Olympia für das vereinte Deutschland antreten.

Jutta Müller und Katarina Witt wagten also 1994 in Lillehammer den Schritt aufs Eis - und schafften mit der Kür zu "Schindlers Liste" einen respektablen achten Platz.

Nerven zeigt die deutsche Eiskunstläuferin Katarina Witt am 18.12.1993 in Herne, als sie nach ihrem Kürvortrag neben ihrer Trainerin Jutta Müller auf die Wertung der Jury wartet
Emotionaler Moment: Jutta Müller und Kati Witt in Lillehammer. Bildrechte: picture-alliance / dpa | Stephan Jansen

Von der Lehrerin zum Eislaufstar

Jutta Müller selbst fand - für heutige Standards - recht spät zum Sport. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zunächst Lehrerin für Deutsch, Musik, Rechnen und Sport. Allerdings galt ihre Liebe dem Rollschuh- und Eiskunstlauf.

1949 wurde sie DDR-Meisterin im Paarlauf. Doch ihr eigentlicher Platz war hinter der Bande: Ihre Trainerkarriere begann sie 1955 in ihrer Heimatstadt beim SC Karl-Marx-Stadt. Erste Trainer-Erfolge feierte sie mit ihrer Tochter Gaby Seyfert, die zwei Mal Weltmeisterin wurde.

Liebe oder Sport

Mutter und Trainerin - diese Konstellation war nicht frei von Spannungen: In ihrer Karriere fehlte Gaby Seyfert nur noch olympisches Gold. Doch 1970 beendete sie überraschend ihre Laufbahn im Leistungssport. "Zu der Zeit war ich das erste Mal ernsthaft verliebt, in meinen späteren Mann und Vater meiner Tochter Sheila, Eberhard Rüger", so Gaby Seyfert im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung.

Jutta Müller "war der Meinung, Verliebtsein und Leistungssport passen nicht zusammen. Ich sah das nicht so. Aber sie setzte mich unter Druck, stellte mich schließlich vor die Wahl: Liebe oder Sport. Und ich entschied mich für die Liebe."

DDR-Eiskunstläuferin Gabriele Seyfert (l) und ihre Mutter und Trainerin Jutta Müller (r) schreien jubelnd auf am 8.2.1969 im Eisstadion von Garmisch-Partenkirchen.
Ikonischer Pelz-Look in der Eishalle: Jutta Müller an der Seite ihrer Tochter Gaby Seyfert. Bildrechte: picture alliance / dpa | dpa

Für immer Eiskunstlauf

In den 1970er-Jahren führte Jutta Müller Anett Pötzsch und Jan Hoffmann an die Eisspitze. Den letzten EM-Titel holte sie mit Evelyn Großmann 1990 in Leningrad.

Jutta Müller zog es auch nach ihrer aktiven Trainerkarriere weiter in die Eishalle des Chemnitzer Eislauf-Clubs. Besonders am Herzen lagen ihr zuletzt die fünfmaligen Paarlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, die sie oft beim Training besuchte.

Ihrer geliebten Heimatstadt Chemnitz, in der sie zur Ehrenbürgerin ernannt wurde, blieb sie stets treu - fast bis zum Schluss. "Jutta Müller wird für immer in den Herzen der Chemnitzerinnen und Chemnitzer bleiben", so Oberbürgermeister Sven Schulze.

2022 zog Jutta Müller aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim nach Bernau bei Berlin - ganz in die Nähe ihrer Tochter Gaby Seyfert.

Die Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller (l) und ihre Tochter, die ehemalige Eiskunstläuferin Gaby Seifert
Gaby Seyfert holte ihre Mutter Jutta Müller 2022 in ihre Nähe. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

Unvergessen Diese Stars sind im Jahr 2023 gestorben

Die Schauspielerin Christina Drechsler als Boy, aufgenommen am 07.04.2009 bei der Probe von "Shakespeares Sonette" von Robert Wilson (Regie) und Rufus Wainwright (Musik) im Berliner Ensemble (BE) am Schiffbauerdamm in Berlin.
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Schauspielerin Christina Drechsler Schauspielerin Christina Drechsler ist im Alter von nur 41 Jahren gestorben. Zu Lebzeiten war sie hauptsächlich auf Theater-Bühnen zu sehen, schaffte aber auch im Fernsehen durch Serien wie "Stromberg" oder "Polizeiruf 110" den Durchruf. Zur Todesursache gibt es keine Angaben, auch ihr genauer Todestag ist nicht bekannt. Bildrechte: picture-alliance/ ZB | Claudia Esch-Kenkel
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Gitarrist Jeff Beck Jeff Beck galt als einer der besten Gitarristen der Welt und spielte mit den prominentesten Musikern der Welt zusammen. Darunter z.B. Mick Jagger und Rood Stewart. Beck wurde mehrfach mit einem Grammy ausgezeichnet und ist zudem Mitglied der "Rock and Roll Hall of Fame". Am 10. Januar ist er im Alter von 78 Jahren gestorben. Bildrechte: picture alliance/dpa/Lehtikuva | Jussi Nukari
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Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 02. November 2023 | 17:15 Uhr

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