Bäume im Frost
Mystische Winterlandschaft: Die geheimnisvolle Stimmung der Raunächte. Bildrechte: Imago/ PantherMedia / Sergiy Artsaba

Mehr als Aberglaube? Mythos Raunächte - magische Zeit zwischen den Jahren

30. Dezember 2024, 14:37 Uhr

Zum Jahresende hört und liest man viel über Raunächte (früher: Rauhnächte) - eine geheimnisvolle Zeit, die seit Jahrhunderten von Mythen und Bräuchen umrankt ist. Doch was steckt eigentlich hinter diesen zwölf besonderen Nächten?

Geheimnisvolle Zeit "zwischen den Jahren"

Traditionell umfassen die Raunächte die zwölf Nächte zwischen Weihnachten (25. Dezember) und dem Dreikönigstag (6. Januar). Diese Phase "zwischen den Jahren" gilt in vielen Kulturen als Übergangszeit, in der die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits besonders durchlässig sein sollen. Jede der zwölf Nächte steht dabei symbolisch für einen Monat des kommenden Jahres.

Dieser Zeitraum dient traditionell der Besinnung und dem Ausblick. In ländlichen Regionen waren in diesen Tagen - zum Teil bis weit ins 20. Jahrhundert hinein - bestimmte Tätigkeiten verpönt. Außerdem wurden die Häuser "ausgeräuchert", also mit Weihrauch und Weihwasser neu gegen Böses gewappnet.

Besonders gemieden wurde das Waschen: Man glaubte, dass aufgehängte Wäsche von bösen Geistern als Leichentücher genutzt werden könnte - ein vermeintliches Omen für Unglück im neuen Jahr.

Getrocknete und zerkleinerte Kräuter für die Rauhnachts-Räucherung
Geräuchert wurde in den Raunächten schon immer. Auch heute wird das Ritual zur Reinigung zwischen den Jahren oftmals ausgeführt. Bildrechte: imago/blickwinkel

Rituale, Bräuche und Besinnung: Die Raunächte heute

Aktuell feiern Rituale rund um die Raunächte eine Art Wiedergeburt: Viele Menschen nutzen die Gelegenheit, um in dieser stillen Zeit innezuhalten und das vergangene Jahr zu reflektieren.

Dabei sind einige Bräuche besonders beliebt:

  • Räuchern: Während der zwölf Nächte werden auch heute noch Kräuter, Harze und Hölzer verbrannt, um das Zuhause von negativen Energien zu befreien und mit positiver Energie fürs nächste Jahr aufzuladen.
  • 13 Wünsche: Zu Beginn der Raunächte schreibt man 13 Wünsche auf kleine Zettel. Ab der Nacht zum 25. Dezember wird täglich ein Zettel verbrannt, wobei die Erfüllung der Wünsche symbolisch höheren Mächten überlassen wird. Der letzte Wunsch bleibt übrig: Ihn muss man selbst erfüllen.
  • Orakeln: Kartenlegen oder andere Orakeltechniken werden genutzt, um einen Ausblick auf das kommende Jahr zu bekommen.
  • Traumdeutung/Traumorakel: Da jede Nacht der Raunächte für einen Monat des nächsten Jahres steht, wird der Traum nach dem Aufwachen notiert. Im Laufe des kommenden Jahres kann dann Monat für Monat geprüft werden, was eingetroffen ist.
  • Hausputz: Das Haus soll traditionsgemäß vor Beginn der Raunächte geputzt werden, um das alte Jahr symbolisch abzuschließen.

Lächelnde junge Frau sitzt mit Tagebuch
13 Wünsche: Ein Raunächte-Ritual, das dazu dient, mit dem alten Jahr abzuschließen und das neue in den Blick zu nehmen. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Wie kam es zur "Lücke" am Jahresende?

Im Jahr 153 verlegten die römischen Kaiser den Jahresbeginn vom 1. März auf den 1. Januar. Zugleich erklärte die Kirche den 25. Dezember zum Weihnachtsfest. Der Tag war zuvor als römischer Feiertag zu Ehren des Sonnengottes "Sol invictus" begangen worden.

Die Kirche bezeichnete die zwölf Tage zwischen Weihnachten und Dreikönig im Jahr 567 erstmals als Zeit "zwischen den Jahren". Diese zwölf Nächte sind jedoch keine christliche Erfindung - sie beschäftigten schon im Mittelalter die Menschen.

Als Hexen und Perchten verkleidete Dorfbewohner auf einer Straße im Gebirge
Sollen Unheil vertreiben: Perchten in Österreich. Bildrechte: IMAGO/Depositphotos

Regionale Besonderheiten

Rund um die Raunächte gibt es in zahlreichen deutschen Regionen, aber auch in anderen Ländern wie den USA, England oder Griechenland, feste Rituale.

So ist der Perchtenlauf als Brauch heute noch in Süddeutschland und Österreich verbreitet und lässt sich auf einen vorchristlichen Volksglauben zurückführen. Die furchteinflößenden Perchten ziehen zwischen den Jahren nachts umher. Bei zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen ziehen die gruseligen Gestalten bei Umzügen viele Besucher an. Sie sollen böse Geister und Unheil vertreiben.

Auch im Erzgebirge werden die Raunächte besonders begangen: Die im Volksmund als "Innernächte" bezeichnete Zeit wird beispielsweise zur Wetterprognose für das kommende Jahr genutzt, gern mit dem "Zwiebelorakel".

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 27. Dezember 2024 | 17:15 Uhr

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