Eine Pflegerin hält die Hand eines Menschen im Rollstuhl
Sich einzugestehen, dass man Pflege braucht, ist oft nicht leicht. Dennoch kann der Pflegegrad dabei helfen, die Selbstständigkeit zu unterstützen. Bildrechte: Colourbox.de

Vorsorge Pflegegrad beantragen: Das sollte man unbedingt beachten!

12. April 2024, 17:23 Uhr

Ob durch Krankheit, Schlaganfall, Herzinfarkt, Unfall oder schleichende Pflegebedürftigkeit - wer den Eindruck hat, regelmäßige Hilfe im Alltag zu benötigen, sollte einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen.

Denn pflegebedürftig ist man nicht erst, wenn gar nichts mehr geht. Viel wichtiger ist die Frage, ob körperliche oder geistige Einschränkungen den eigenen Alltag erschweren.

Welche Pflegegrade gibt es?

Seit 2017 wurde das System der drei Pflegestufen durch ein System aus insgesamt fünf Pflegegraden ersetzt. Dabei werden folgende Stufen der Beeinträchtigung voneinander unterschieden:

  • Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Ein Pfleger schiebt einen Menschen im Rollstuhl
Die fünf Pflegegrade unterscheiden sich vor allem in der Schwere der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Bildrechte: Colourbox.de

Worauf muss man bei der Beantragung des Pflegegrades achten?

Unabhängig davon, ob man körperliche, psychische oder kognitive Beeinträchtigungen hat, wird der Antrag bei der Pflegekasse gestellt. Dafür kann man die gleichen Kontaktdaten wie für die jeweilige zuständige Krankenkasse nutzen.

Der Antrag auf einen Pflegegrad kann formlos per Telefon, Mail oder Brief gestellt werden und zwar so früh wie möglich. Denn auch hier gilt: Je früher der Antrag bearbeitet wird, desto eher kann es auch entsprechende und notwendige Leistungen geben.

Nach dem Antrag erhält man von der Pflegekasse Unterlagen, die man ausfüllen muss. Außerdem kommt ein Gutachter zu der pflegebedürftigen Person nach Hause, um den jeweiligen Pflegegrad festzustellen.

Wie läuft eine Begutachtung ab?

Ob ein Pflegegrad besteht, kommt auf das Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder eines unabhängigen Gutachters an.

Der Gutachter kommt dafür zu der pflegebedürftigen Person nach Hause und schaut sich an, was der Mensch noch alleine kann und wobei er personelle Unterstützung braucht.

Je nachdem wie selbstständig die Person ist, wird sie anschließend auf Empfehlung des Gutachters einem der fünf Pflegegrade zugeordnet. Der Fokus liegt hier vor allem auf dem Grad der Selbstständigkeit.

Nahaufnahme wie sich eine ältere Person auf einen Gehstock stützt und dabei von einer jungen Person am Arm gehalten wird.
Bei einem Gutachten wird auf verschiedene Kriterien geachtet, um möglichst genau den Pflegegrad zu ermitteln. Bildrechte: Colourbox.de

Welche Kriterien muss man bei den jeweiligen Pflegegraden erfüllen?

  1. Mobilität: Hier kommt es auf die körperliche Beweglichkeit des Pflegebedürftigen an. Es wird beispielsweise abgefragt, ob man sich innerhalb seines Zuhauses fortbewegen kann, ob man in der Lage ist, sich selbstständig umzusetzen oder die Treppe zu steigen.
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Der Gutachter fragt zum Beispiel, ob man sich zeitlich und räumlich orientieren kann. Kann man Personen aus dem näheren Umfeld erkennen, kann man sich an Ereignisse erinnern, kann man Sachverhalte verstehen, Risiken und Gefahren erkennen, kann man sich an einem Gespräch beteiligen?
  3. Motorik und Psyche: Hier wird vom Gutachter das Verhalten bewertet. Dabei wird nach motorischen Fähigkeiten geschaut und beobachtet, wie man sich gegenüber anderen Personen verhält. Auch psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angstzustände oder Wahnvorstellungen spielen dabei eine Rolle.
  4. Selbstversorgung: Hierbei wird geschaut, inwieweit sich die pflegebedürftige Person selbst versorgen kann. Dabei liegt das Augenmerk auf Körperpflege, Essenszubereitung, selbstständiges Trinken und benutzen der Toilette.
  5. Umgang mit medizinischen Anforderungen: Hier wird vom Gutachter beurteilt, ob man selbstständig Medikamente einnehmen oder mit Hilfsmitteln umgehen kann. Und ob die Person in der Lage ist, Arzttermine und Therapien wahrzunehmen.
  6. Alltag und soziale Kontakte: Der Gutachter schaut hier, ob man den Tagesablauf selbstständig gestalten kann. Auch wird geschaut, ob man mit anderen Personen in Kontakt treten kann, die sich außerhalb des bekannten Umfelds aufhalten.

Was sollte man bei der Beantragung des Pflegegrads nicht machen?

Grundsätzlich gilt: Je stärker man in der Selbstständigkeit und in den Fähigkeiten beeinträchtigt ist, desto höher wird der Pflegegrad eingestuft. Bei dem Besuch des Gutachters sollte man also auf jeden Fall ehrlich sein und jede Einschränkung - ob körperlich oder geistig - offen zeigen.

Man sollte zudem mit dem Gutachter über die Probleme im Alltag, über jede noch so kleine Einschränkung oder Schwierigkeit reden, die man täglich hat. Die eigene Pflegebedürftigkeit sollte nicht runtergespielt werden, nur damit man kurzzeitig besser dasteht. Vielmehr sollte man zeigen, wo es hakt und wobei man dringend Hilfe benötigt.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 21. November 2023 | 17:15 Uhr

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