Eine Frau hält ihre Hand schützend vor sich
Es ist wichtig, bereits frühe Warnsignale und Anzeichen von Gewalt zu erkennen. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de

Erschreckende Zahlen Häusliche Gewalt: So kann man Frauen (und Männern) helfen

12. Mai 2025, 19:03 Uhr

Gewalt gegen Frauen ist alltäglich. Oft passieren die Taten zu Hause hinter verschlossenen Türen, denn am häufigsten erleben Frauen Gewalt in einer Beziehung. Opfer sind jedoch nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Was kann man tun, wenn man den Eindruck hat, dass jemand misshandelt wird? Und wo finden Betroffene schnellstmöglich Hilfe?

Gewalt gegen Frauen ist ein ernstes und weit verbreitetes Problem in Deutschland. Sie reicht von häuslicher und sexualisierter Gewalt über digitale Übergriffe bis hin zu Femiziden, also der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts.

Allein im Jahr 2023 wurden in Deutschland nach BKA-Angaben 180.715 Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Und die Zahlen steigen offenbar immer weiter, denn noch ein Jahr zuvor gab es mehr als fünf Prozent weniger Opfer. Alarmierend ist in diesem Zusammenhang auch, dass hierzulande fast täglich ein Femizid verübt wird. 360 der 938 Femizid-Versuche im Jahr 2023 endeten tödlich.

Ein Mann droht einer Frau mit der Faust
Mehr als 180.000 Frauen sind in Deutschland im Jahr 2023 Opfer häuslicher Gewalt geworden. (Symbolbild) Bildrechte: PantherMedia/Andriy Popov

Codewort "Maske 19"

Die internationale Frauenorganisation "Zonta" hat deutschlandweit eine Initiative gestartet, um Opfern eine Brücke zu bauen. Das Codewort "Maske 19" soll Frauen aus dem gefährlichen Schweigen helfen.

Frankreich und Spanien haben es vorgemacht. Dort sind Apotheker und Ärzte angehalten, die Polizei zu rufen, wenn eine Kundin das Codewort "Maske 19" sagt. Apotheker und Ärzte unterliegen zudem der Schweigepflicht. Bietet eine Apotheke, eine Arztpraxis oder Klinik gut sichtbar Informationen zu "Maske 19" an (Poster, Flyer etc.), weiß die Betroffene: Hier muss sie im Notfall nicht warten und sie muss sich auch nicht lange erklären. Das Codewort genügt.

Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"

Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" bietet unter der Telefonnummer 116 016 rund um die Uhr eine Beratung - anonym, in 18 Sprachen, in Gebärden- und leichter Sprache. Außerdem gibt es eine Vermittlung in das örtliche Hilfesystem. Das gilt auch für den Chat oder eine Beratung per E-Mail.

Häusliche Gewalt - was tun, wie helfen?

Meist sprechen betroffene Frauen mit Vertrauenspersonen aus ihrem sozialen Umfeld über das Erlebte. Umso wichtiger ist es deshalb, dass das Umfeld unterstützend reagiert.

  • Sensibel und solidarisch reagieren

Beziehen Sie Stellung, verurteilen Sie die Gewalt und zeigen Sie dem Opfer Ihre Solidarität! Zahlreiche Studien belegen, dass es für Betroffene sehr wichtig ist, wie die ins Vertrauen gezogene Person auf die Offenbarung der Gewalterfahrung reagiert. Eine positive Reaktion motiviert die Betroffenen, sich weitere Unterstützung zu suchen. Darüber hinaus ist es wichtig, bereits frühe Anzeichen und Warnsignale von Gewalt zu erkennen und als solche wahrzunehmen.

  • Keine Schuldzuweisungen an Betroffene

Manche Frauen glauben, an der Gewalterfahrung selbst schuld zu sein oder zumindest eine Mitschuld zu tragen. Wichtig: Einzig der Täter oder die Täterin trägt die alleinige Verantwortung!

  • Sich anvertrauen

Sich anderen Menschen anzuvertrauen und über das Erlebte zu sprechen, tut gut. Dabei ist es wichtig, Vertrauenspersonen auszuwählen und sich zu überlegen, was man erzählen möchte. Es kann auch sehr hilfreich sein, klar zu kommunizieren, welche Unterstützung man braucht und wie andere helfen können.

Verständnis und Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld sind für Menschen, die versuchen, einen Umgang mit erlebter Gewalt zu finden, sehr wichtig. Angehörige oder Unterstützende sollten deshalb Möglichkeiten schaffen, um über die Ereignisse zu sprechen. Wichtig ist, die Betroffenen ernst zu nehmen und ihnen zu glauben. Zweifel sind fehl am Platz und können zusätzlich belasten. Bestärkung und Unterstützung bedeuten nicht, Betroffene zu Handlungen zu drängen, für die sie sich nicht selbst entschieden haben. Interventionen sollten niemals ohne Absprache oder gegen den Willen der Opfer vorgenommen werden.

  • Zusätzlichen Stress vermeiden

Gewalterfahrungen sind eine massive seelische und körperliche Belastung. Zusätzlicher Stress sollte daher tunlichst vermieden werden. Unternehmen Sie angenehme Dinge, die von der Belastung ablenken und achten Sie auf ausreichend Schlaf und Erholung. Ein sorgsamer Umgang mit sich selbst hilft bei der Verarbeitung der Erlebnisse.

  • Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen

Viele von Gewalt betroffene Frauen benötigen professionelle Unterstützung. Diese bekommen sie bei Frauenberatungsstellen und Frauennotrufen. Niemand muss damit allein fertig werden. Es ist hilfreich, wenn sich Angehörige über Angebote informieren und den Betroffenen bei der Suche zur Seite stehen. Fachberatungsstellen können zudem über mögliche rechtliche Schritte informieren.

Partnerschaftliche Gewalt gegen Männer - ein Tabuthema?

Auch Männer werden Opfer partnerschaftlicher Gewalt. Da ihnen mehrheitlich die Täterrolle zugeschrieben wird, bleiben die knapp 30 Prozent (Laut BKA, Stand: 2023) männlichen Gewaltopfer in der öffentlichen Wahrnehmung nahezu unberücksichtigt. Zumal die Spuren von Gewalt und Misshandlung bei ihnen meist nicht auf den ersten Blick sichtbar sind.

Frauen tendieren Experten zufolge als Täterinnen zu psychischer Gewalt: dem Kontrollieren der Privatsphäre, dem Unterbinden sozialer Kontakte, der Drohung mit Entzug des Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder. Kommt es doch zu physischer Gewalt, ist dem die psychische meist vorausgegangen. Denn wer sich psychisch dominieren lässt, der wehrt sich nicht, wenn die Gewalt körperlich wird.

Ein Mann geht die Treppe in einem dunklen Treppenhaus hoch.
Partnerschaftliche Gewalt gegen Männer - ein Tabuthema. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska

Hier finden Männer Ansprechpartner und Hilfe:

Das bundesweite Männer-Hilfetelefon ist unter der Telefonnummer 0800 1239900 zu erreichen und bietet Beratung und Vermittlung in das örtliche Hilfesystem an. Die Sprechzeiten sind Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr sowie am Freitag von 8 bis 15 Uhr. Einen Chat gibt es auch.

Außerdem gibt es eine Vielzahl von Online-Beratungsangeboten sowie Schutzhäuser für Männer.

Hinweis Der Artikel wurde am 29.01.22 zum ersten mal veröffentlicht und zuletzt am 12.05.25 aktualisiert.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 20. September 2024 | 17:15 Uhr

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