FAQ TikTok - was macht das soziale Netzwerk besonders für Kinder so gefährlich?

18. Oktober 2023, 16:51 Uhr

TikTok ist eines der beliebtesten sozialen Netzwerke weltweit - mit insgesamt mehr als einer Milliarde Nutzer. Auch in Deutschland werden immer mehr Menschen bei TikTok aktiv - vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Dabei ist der Dienst des chinesische Konzerns Bytedance alles andere als unumstritten. Warum? Und was gilt es bei der Nutzung von TikTok zu beachten?

TikTok ist ein soziales Netzwerk, auf dem Nutzer selbstgedrehte Kurzvideos hochladen können. In Deutschland sind pro Monat rund vier Millionen Menschen auf TikTok aktiv. Knapp 20 Millionen Deutsche nutzen die Plattform.

Eigentlich darf das Netzwerk den AGB zufolge erst ab 13 Jahren genutzt werden - und auch dann nur mit Einwilligung der Eltern. Doch die Realität sieht anders aus. Die App spricht insbesondere Kinder und Teenager an - und diese nutzen sie auch.

Das Problem: Explizit geprüft wird das Alter der Nutzer oder die Einwilligung der Eltern nicht. Ein Achtjähriger kann sich bei der Anmeldung problemlos als Volljähriger registrieren. Damit werden die von TikTok in den Voreinstellungen festgelegten "Kindersicherungen" quasi hinfällig.

Gefährlicher Algorithmus

Noch stärker als bei anderen sozialen Netzwerken entscheidet bei TikTok ein Algorithmus darüber, was Nutzerinnen und Nutzer zu sehen bekommen. Der Algorithmus kuratiert den wichtigsten Teil der App, den "For You"-Feed. Eine Art auf den User zugeschnittenes Fernsehprogramm.

Nicht die eigenen Kontakte sind entscheidend dafür, was man dort angezeigt bekommt, sondern allgemeine Trends und das eigene Nutzungsverhalten.

Bevorzugt man Hunde- und Katzenvideos, mag das zunächst unproblematisch sein. Stößt ein Kind oder Jugendlicher auf Videos mit sexualisierten oder gewaltverherrlichenden Inhalten, gefährlichen Challenges, Selbstverletzungen, Suizidgedanken oder verstörenden Kriegsbildern, sieht das schon anders aus.

Ein Experiment von "BR Data" zusammen mit "PULS Reportage" zeigt, dass deutsche Nutzerinnen und Nutzer durch die Interaktion mit solchen Videos in eine Filterblase geraten können, indem sie in ihrem Feed fast nur noch diese Inhalte von TikTok empfohlen bekommen.

Von den Videos mit kritischen Inhalten werden seitens TikTok nur die wenigsten gelöscht.

Handydisplay
Der TikTok-Algorithmus kann dazu führen, dass der User in eine Filterblase gerät. Bildrechte: imago images/ZUMA Press

TikTok sammelt Daten und trackt Tastatureingaben

Egal ob Facebook, Instagram, WhatsApp oder eben TikTok - dass soziale Netzwerke und Messenger-Dienste auch Daten sammeln, ist hinlänglich bekannt. Was mit diesen Daten letztlich passiert, weiß man nicht.

Wie bei den meisten großen sozialen Netzwerken ist auch bei TikTok der Datenschutz kritisch zu sehen. Richtet man ein Benutzerkonto ein, werden Telefonnummer, E-Mail-Adresse oder die Verknüpfung zu einem anderen bestehenden Account (z.B. Instagram oder Facebook) benötigt. Die dort hinterlegten Kontaktlisten oder auch das Telefonbuch auf dem Smartphone liest TikTok automatisch aus.

Datenschutz-Experte Felix Krause zufolge kann TikTok sogar jede Tastatureingabe seiner Nutzerinnen und Nutzer innerhalb der eigenen App überwachen. TikTok injiziere beim Öffnen der App einen Tracking Code, der alle Tasteneingaben und Bewegungen verfolge - inklusive Passwörtern, schreibt Krause auf seinem Blog. Da bei Tiktok - im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken - Links nur innerhalb der App geöffnet werden können, ist das ein echtes Problem. TikTok bestreitet die Vorwürfe.

Ein Mann benutzt TikTok
Überwacht TikTok alle Tastatureingaben, die man innerhalb der App tätigt? Bildrechte: imago images/Bihlmayerfotografie

Wie kann man TikTok für Kinder sicherer machen?

Account gemeinsam anlegen
TikTok kann auch ohne eigenen Account genutzt werden. Dann ist es allerdings nur möglich, TikToks zu konsumieren und zu erstellen. Die Videos hochladen oder mit anderen Usern in Aktion treten, kann man nicht.

Um Sicherheitseinstellungen in TikTok vorzunehmen, benötigt ein Kind einen eigenen Account. Der sollte in jedem Fall gemeinsam mit den Eltern angelegt werden - und zwar unter Angabe des korrekten Geburtsjahres. Nur so kann das Kind altersangemessen geschützt werden.

Wie in allen sozialen Netzwerken, wird auch für die Nutzung von TikTok zur Sicherheit ein Passwort abgefragt. Das sollte möglichst sicher sein.

Begleiteter Modus
Es besteht bei TikTok die Möglichkeit, einen begleiteten Modus zu nutzen. In diesem Modus können Erziehungsberechtigte die Nutzungszeit der App einstellen, regulieren, mit wem ein Kind in Kontakt tritt, entscheiden, ob das Kind nach Inhalten suchen darf und auswählen, dass Videos für Erwachsene dem Kind nicht angezeigt werden. 

Um den begleiteten Modus zu nutzen, muss die App sowohl auf dem Gerät des Kindes als auch auf dem Gerät des "Begleiters" installiert sein. Beide benötigen einen eigenen Nutzeraccount.

Eine familie schaut auf ein Smartphone
Im begleitenden Modus können Eltern die TikTok-Aktivitäten ihres Kindes schützen und beschränken. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Eingeschränkter Modus
Ist das Kind bereits etwas älter, bietet es sich an, den eingeschränkten Modus zu nutzen. Dieser schränkt Inhalte ein, die nicht für alle Zielgruppen geeignet sind. Ein paralleler begleiteter Modus ist dann allerdings nicht möglich.

Push-Benachrichtigungen deaktivieren
Jedes Mal ein Push-Benachrichtigung auf dem Smartphone, wenn ein Freund ein Video kommentiert oder der Lieblings-TikToker ein neues Video gepostet hat? Die Push-Benachrichtigungen lassen sich einfach deaktivieren - und sichern einem Kind oder Jugendlichen eine unbeschwerte TikTok-freie Zeit.

Digital Wellbeing
Den ganzen Tag bei TikTok abhängen? Das wollen Kinder eigentlich selber nicht. Eine freiwillige Beschränkung der TikTok-Zeit hilft ihnen dabei.

Ob fiese Kommentare, gefährliche Challenges oder unbeabsichtigte InApp-Käufe - die Fallstricke für Kinder sind zahlreich. Mal sind sie dem System TikTok geschuldet, mal den verstörenden Inhalten, die manche User mit der Gemeinschaft teilen. Damit allein lassen sollte man Kinder und Jugendliche niemals, sondern sie beim Hineinwachsen in die digitale Welt als verständnisvoller Ansprechpartner begleiten.

(Dieser Artikel wurde erstmals am 23.08.2022 veröffentlicht)

BRISANT/internet-abc.de/tagesschau.de/krausefx.com/medien-kindersicher.de

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 23. August 2022 | 17:15 Uhr

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