Schule als Ort der QualHilfe bei Mobbing: Das können Sie tun
Gewalt, Ausgrenzung, Bloßstellen, Diffamierung: Die typischen Mobbing-Methoden finden auch in der Schule unter Kindern gnadenlose Anwendung. Wir erklären, wie sich Mobbing bei Schülern erkennen lässt und was Eltern und Lehrer tun können.
Inhalt des Artikels:
Fast zwei Millionen Schüler sind in Deutschland einer Studie aus dem Jahr 2022 zufolge von Cybermobbing betroffen. Rund jeder sechste Befragte (16,7 Prozent) zwischen 8 und 21 Jahren berichtet von Beleidigungen und Bloßstellungen über das Internet, wie das "Bündnis gegen Cyber-Mobbing" in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse mitteilt (2022). Eine Studie aus dem Jahr 2017 hatte noch einen Wert von 12,7 Prozent ergeben.
Spott und Lästerei kein Randphänomen
In Deutschland wird nach einer weiteren Untersuchung fast jede(r) sechste 15-Jährige regelmäßig Opfer von Mobbing an seiner Schule. Das geht aus der Sonderauswertung der PISA-Studie über Lernumfeld und Lernverhalten zum Wohlbefinden von Jugendlichen in aller Welt von 2015 hervor. Mehr als eine halbe Million Schüler weltweit wurden befragt, darunter 10.000 in Deutschland. "Für manche ist die Schule ein Ort der Qual", schreiben die Autoren. Fast jeder zehnte Schüler in Deutschland beklagt demnach, regelmäßig Ziel von Spott und Lästereien zu sein. Das sei kein Randphänomen. Mehr als zwei Prozent der Befragten sprachen von körperlichen Misshandlungen in der Schule. Sie würden herumgeschubst und geschlagen.
Apps gegen Mobbing
Die Studien klingen wie ein Weckruf: Tut etwas gegen Mobbing an der Schule! Allerdings fordern etliche Studien und Initiativen von Lehrern, Eltern und Schülern in Deutschland schon seit Jahren ein Umdenken.
Bereits 2006 gründete sich die Initiative "Schüler gegen Mobbing", deren Portal bis heute Aufklärung und Informationen bietet und Anlaufstelle für Betroffene ist. In einem EU-Projekt entwickelten Jugendliche für Jugendliche die App "Klicksafe". Sie soll den Jugendlichen zeigen, wie man gegen Cyber-Mobbing ganz konkret vorgehen kann. Auch die App "Exclamo" greift die Thematik auf und soll Opfern die Möglichkeit geben, Taten anonym zu melden.
Antworten auf wichtige Mobbing-Fragen der TU München
Psychologen der TU München haben aus ihren Forschungen einen großen Antworten-Katalog erarbeitet, der sich vor allem an Eltern und Lehrer richtet. Angefangen bei "Wo endet die Rauferei und wo fängt Mobbing an?" über die Frage "Sollen Eltern Kontakt zu den Tätern aufnehmen?" bis zu rechtlichen Fragen wie "Was tun, wenn sich nichts ändert?".
Mobbing erkennen
Wie erkennt man, dass Schüler gemobbt werden? Kinder im Schulalter suchen die Schuld oft bei sich selbst und gehen selten mit ihren Sorgen auf Lehrer oder Eltern zu. Psychologen haben hierzu verschiedene Handlungsmuster von Opfern identifiziert, die einzeln, aber auch zusammen auftreten können, um mögliche Mobbing-Fälle zu erkennen.
Erste Anzeichen von Mobbing können sein: Die Schülerin oder der Schüler...
- möchte nicht mehr zur Schule gehen.
- täuscht Erkrankungen vor.
- möchte wieder bis zur Schule gebracht werden.
- zieht sich zurück von Eltern und Freunden.
- beginnt plötzlich zu stottern.
- bekommt Albträume.
Was kann man gegen Mobbing tun?
Sind Anzeichen für Mobbing erkannt, gilt es für Eltern aber auch Lehrer und Mitschüler zu handeln.
Eltern
Zunächst sollten sich Eltern die Zeit nehmen, um mit ihren Kindern über den Schultag zu sprechen. Auch wenn Kinder im Allgemeinen nicht gern und viel darüber reden, ist dies für das Kind eine Möglichkeit, Probleme anzusprechen. Redet das Kind aus Scham oder Angst nicht und vermuten die Eltern, dass etwas nicht stimmt, ist der erste Weg der zum Klassenlehrer oder zur Klassenlehrerin. Er oder sie kennt das Kind und sein Arbeits- und Sozialverhalten am besten. Zusätzlich sollte auch die Schulleitung einbezogen werden. Auch Schulpsychologen können helfen.
Lehrer
Das Verhalten der Lehrer hat laut Experten großen Einfluss dafür, ob es an Schulen Nährboden für Mobbing gibt. Auch die Verfügbarkeit von Mediatoren bzw. Sozialarbeitern und Schulpsychologen spielt eine entscheidende Rolle. Leider wird laut Experten das Problem häufig seitens der Lehrer nicht erkannt und das Opfer als "zu sensibel" eingeschätzt. Da oft gruppendynamische Aspekte innerhalb der Klasse eine Rolle spielen, müssen Lehrer besonders sensibel mit "dem Neuen in der Klasse" oder auch bei einer neu zusammengewürfelten Klasse umgehen. In Zusammenarbeit mit Präventionsstellen der Polizei oder Anti-Mobbing-Trainern können Lehrer gemeinsam mit der Klasse erlernen, wie man sich gegen Mobbing wehrt. Dabei hilft es nicht zu sagen: "Wehr' Dich, wenn Dich jemand ärgert". Können sich Schüler selbstbewusst und schlagfertig wehren, kommt es oft erst gar nicht zu weiteren Mobbing-Angriffen. Den Tätern fehlt die nötige Opferhaltung. Doch das muss trainiert werden.
Mitschüler
Mitschüler sollten den Mut haben und Sozialarbeiter oder Lehrer auf ein Mobbing-Problem in ihrem Umfeld ansprechen. Denn ist das Opfer nicht allein den Repressalien des Täters ausgesetzt, ist schon viel getan. Mobbing-Opfer schämen sich meist und können diesen Schritt nicht selbst tun.
(Dieser Artikel wurde erstmals am 22.10.19 veröffentlicht und am 24.10.23 aktualisiert)
Quelle: red/mdr umschau
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | BRISANT Classix | 24. Oktober 2023 | 17:16 Uhr