Spender gesuchtRegister, Ausweis, App: Das gilt aktuell bei der Organspende
Organspenden retten in Deutschland jedes Jahr Hunderte von Menschenleben. Rund 8.500 Patienten stehen derzeit auf den Wartelisten für ein Spenderorgan, im vergangenen Jahr waren es aber nur rund 960 Spender - bei mehr als 80 Millionen Einwohnern. Auf eine Spender-Niere wartet ein Patient nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) im Durchschnitt acht Jahre. Dieses Ungleichgewicht sollte durch die Einführung eines Organspende-Registers ausgeglichen werden.
Wie funktioniert das digitale Organspende-Register?
Im März dieses Jahres ist das Organspende-Register in Deutschland an den Start gegangen. Dabei handelt es sich um ein zentrales elektronisches Verzeichnis, in dem jeder ab einem Alter von 16 Jahren seine Erklärung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende online eintragen kann - freiwillig und kostenlos. Der Eintrag kann jederzeit geändert oder gelöscht werden.
Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben bundesweit bisher mehr als 170.000 Menschen diese Möglichkeit genutzt. Ein möglicher Grund für die relativ geringe Zahl: Für die Registrierung ist ein digitaler Personalausweis erforderlich.
Alternative: Krankenkassen-Apps
Der Gesetzgeber hat die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland verpflichtet, ab Oktober 2024 in ihren Apps eine Funktion einzurichten, über die man sich auch für eine mögliche Organspende registrieren lassen kann. Laut Tagesschau haben die meisten Versicherer diese Frist jedoch verstreichen lassen.
Man habe keine Kenntnis über den Stand der Apps bei den Mitgliedern, heißt es beim GKV-Spitzenverband. Der Verband begründet dies damit, dass er diesbezüglich "keine Aufsichtsfunktion" habe.
Wo bekommt man einen Organspendeausweis?
Wer sich nicht online registrieren möchte, kann auch weiterhin bei der klassischen Variante bleiben: Organspendeausweise sind kostenlos bei den Krankenkassen, in ausgewählten Arztpraxen und Apotheken erhältlich oder können hier heruntergeladen und bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bestellt werden.
Zahlen zur OrganspendeLaut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2022 haben 61 Prozent der Befragten ihre persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende getroffen.
Dabei haben 44 Prozent ihren Entschluss in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder in beidem dokumentiert. 17 Prozent der Befragten haben zwar eine Entscheidung getroffen, diese aber nicht schriftlich fixiert. 36 Prozent haben bisher keine Entscheidung zur Organ- und Gewebespende getroffen.
Generell ist ein Großteil der Befragten, 84 Prozent, dem Thema Organ- und Gewebespende gegenüber positiv eingestellt.
Welche Informationen enthält der Organspendeausweis?
Auf dem Ausweis kann man seine Zustimmung zur Organ- und Gewebespende generell erklären, auf bestimmte Organe oder Gewebe einschränken oder einer Spende ganz widersprechen.
Muss man den Organspendeausweis immer dabei haben?
Der Ausweis kann online ausgefüllt und anschließend als PDF heruntergeladen, gespeichert oder direkt ausgedruckt werden. Es ist wichtig zu beachten, dass der Ausweis nicht bei offiziellen Stellen registriert oder hinterlegt wird. Daher sollte er stets mitgeführt werden, und es empfiehlt sich, Familienangehörige oder Vertrauenspersonen über die getroffene Entscheidung zu informieren.
Organe, Knorpel, Gewebe - was eignet sich für eine Spende?
Zu den Organen, die gespendet werden können, gehören Herz, Leber, Lunge, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Experten gehen davon aus, dass ein Spender damit theoretisch sieben Menschenleben retten kann.
Darüber hinaus können weitere Bestandteile des menschlichen Körpers für eine Transplantation entnommen werden: Herzklappen, Augenhorn und -lederhaut, Teile der Haut, Teile der Blutgefäße, die Speiseröhre, Knochengewebe, Knorpelgewebe sowie Sehnen.
Ein Teil dieser Gewebespenden wird in der plastischen Chirurgie eingesetzt, um zum Beispiel Verbrennungsopfern zu helfen. Wer dies für sich ausschließen möchte, kann dies auf dem Organspendeausweis vermerken.
Ab welchem Alter darf man über eine Organspende entscheiden?
Ab dem 14. Geburtstag kann man einer Organ- bzw. Gewebespende widersprechen, ab dem 16. Geburtstag darf man sich dazu bereit erklären. Für Kinder unter vierzehn Jahren entscheiden in jedem Fall die Eltern.
Übrigens: Eine Altersbegrenzung nach oben gibt es bei Organspenden übrigens nicht. Denn: Nicht das Alter eine potentiellen Spenders ist entscheidend, sondern der Zustand seiner Organe.
Kann man die Einwilligung zur Organspende zurückziehen?
Wichtig: Wer seine Einstellung zwischenzeitlich ändert, muss die alte Erklärung vernichten und ein neues Dokument ausfüllen.
Fehlt der Ausweis oder hat der Patient in seiner Patientenverfügung nichts festgelegt, muss zunächst überprüft werden, ob eine schriftliche oder auch mündliche Willenserklärung vorliegt. Ebenso wird wird in Betracht gezogen, wie die Haltung des Hirntoten aussehen dürfte. Ergibt sich daraus keins eindeutiges Bild, müssen die Angehörigen im Sinne des Betroffenen für oder gegen eine Organspende entscheiden.
Debatte um Widerspruchsregelung
Immer wieder wird gefordert, die bisherige Zustimmungslösung durch eine Widerspruchslösung zu ersetzen. Dann wäre jeder Bürger automatisch ein potenzieller Organspender - es sei denn, er hat ausdrücklich widersprochen.
Befürworter versprechen sich davon mehr Organspenden. Kritiker verweisen darauf, dass im deutschen Gesundheitssystem jeder noch so kleine Eingriff der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten bedarf.
Der Bundestag hatte eine solche Regelung im Jahr 2020 abgelehnt. Erst im Juni dieses Jahres hatte eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten einen neuen Antrag eingebracht, um die Widerspruchsregelung doch noch voranzubringen.
Voraussetzung für die Organentnahme: Hirntod
Neben der vorliegenden Zustimmung des Patienten bzw. seiner Angehörigen zu einer Organ- bzw. Gewebeentnahme muss laut Transplantationsgesetz eine zweite Voraussetzung erfüllt sein: der Hirntod des Patienten.
Die Diagnose bedeutet den unumkehrbaren Ausfall aller Funktionen von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm. Herz- und Kreislauffunktionen des Patienten werden dann künstlich aufrechterhalten. Die meisten Fälle von Hirntod treten durch Hirnblutungen auf. Weitere Ursachen können beispielsweise ein Herzstillstand, Unfälle oder ein Hirninfarkt sein.
Die Feststellung des Hirntodes erfolgt nach den Richtlinien der Bundesärztekammer. Dabei muss der Patient unabhängig voneinander durch zwei erfahrene Ärzte untersucht werden. Beide dürfen weder an der Entnahme noch an der Weitergabe der Organe beteiligt sein. Niemand muss befürchten, dass die intensivmedizinische Behandlung vorzeitig beendet wird. Das Leben des Patienten hat immer Vorrang vor einer Organspende.
Eurotransplant vermittelt die Organe international
Für jedes Spenderorgan erstellt die Vermittlungsstelle Eurotransplant, eine gemeinnützige Organisation, die den internationalen Austausch von Organen durchführt, eine eigene Rangliste der möglichen Empfänger des Organs. Wichtige Kriterien sind dabei zum Beispiel, ob die Blutgruppe von Organspender und Empfänger zusammenpassen. Auch die Dringlichkeit einer Transplantation spielt eine wichtige Rolle. Ein weiteres Kriterium ist die Wartezeit eines Patienten auf ein Organ.
Während der Entnahme - die genauso sorgfältig stattfindet wie eine Operation am lebenden Menschen - entscheiden die Ärzte, ob Lunge, Herz oder Leber tatsächlich zur Transplantation geeignet sind. Anschließend werden die Organe gekühlt verpackt und zu den entsprechenden Transplantationszentren gebracht. Nach der Spende wird der Verstorbene für eine Aufbahrung vorbereitet und kann anschließend bestattet werden.
Quellen und weiterführende Links:
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 15. Oktober 2024 | 17:15 Uhr