Eine Frau hat ihren Kopf auf die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch gelegt.
Unkonzentiert und vergesslich? Für ADHS-Betroffene ist das der Alltag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Monique Wüstenhagen

"Zappelphilipp-Syndrom" Auch Erwachsene können ADHS haben: Das sind die Symptome

30. Oktober 2023, 11:15 Uhr

Welche Symptome haben Erwachsene mit ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Syndrom. Menschen, die ADHS haben, sind oft unaufmerksam, unkonzentriert und impulsiv. "Der klassisch ADHS-betroffene Mensch macht viele Fehler, schiebt alles auf und tut Dinge, die er nicht tun sollte", weiß der Koblenzer Psychologe Jörg Dreher. Schon alltägliche und für andere leichte Aufgaben werden für ADHS-Betroffene zum Problem.

"Aber nichtsdestotrotz gibt es Menschen, die im Büro dafür bekannt sind, dass sie sehr genau, sehr regelorientiert und perfekt sind. Wenn sie dann aber nach Hause kommen, kriegen sie nichts mehr organisiert", so Dreher weiter. Deswegen bleibt ADHS im Erwachsenenalter oft auch unerkannt.

Hyperaktivität als Symptom spielt bei Erwachsenen meistens eine untergeordnete Rolle. Darin unterscheiden sie sich von Kindern und Jugendlichen, die ADHS haben.

Wichtig: ADHS äußert sich bei jedem Betroffenen anders. Den typischen Patienten gibt es nicht.

Ein Mann arbeitet im Homeoffice
Was ist wichtig und was nicht? Viele ADHS-Betroffene meistern ihren Alltag nur schlecht. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Wie wird ADHS behandelt?

ADHS bei Erwachsenen ist gut behandelbar, sagt Eike Christoph Ahlers, Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Treuenbrietzen in Brandenburg: "Bei deutlicher Symptomatik können Medikamente eingesetzt werden“. Ansprechpartner sind Fachärzte für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie oder Psychosomatik.

Auch Verhaltenstherapien sowie Bewegung, Sport und Entspannungsübungen könnten hilfreich sein. In den meisten Fällen kommt eine Kombination von Medikamenten und Therapie zum Einsatz.

Ziel der Medikamentengabe ist es, den Dopaminhaushalt im Gehirn wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das am häufigsten verschriebene Medikament Methylphenidat ist als Ritalin bekannt.

Eine Packung Ritalin liegt auf einem Tisch
Ritalin ist das bekannteste Medikament in der ADHS-Therapie. Bildrechte: picture alliance / Julian Stratenschulte | Julian Stratenschulte

Bei der Verhaltenstherapie sollen Patienten mit kleinen Übungen lernen, ihren Alltag wieder zu organisieren. Oft werden dabei auch Angehörige mit einbezogen. Komplett heilbar ist ADHS allerdings nicht.

Einen Überblick über ADHS-Selbsthilfegruppen gibt es hier.

Wie verlässlich sind Selbsttests?

Jeder oder jede hat mal Probleme mit der Konzentration oder vergisst mal Dinge. Aber ist das schon ADHS? Unzählige Selbsttests aus dem Internet oder den sozialen Medien sollen Klarheit bringen. Das Versprechen: So erkennst du ADHS in 10 Sekunden. Doch Experten warnen vor solchen Angeboten!

Eine kanadische Studie hat zum Beispiel herausgefunden, dass rund die Hälfte der untersuchten TikTok-Videos zu ADHS Fehlinformationen enthalte. So würden Symptome genannt, die der Erkrankung nicht zuzurechnen seien.

Die "ADHS-Paralyse" etwa, also das Gefühl, unfähig zu sein, etwas zu tun und sich wie gelähmt zu fühlen, sei kein ADHS-Symptom, heißt es in der wissenschaftlichen Analyse.

Auch zweifelhafte Angebote für Gesprächstherapien oder Anti-ADHS-Tropfen findet man immer wieder.

Stars mit ADHS

"Zappelphilipp-Syndrom" Diese Promis haben ADHS

Sylvester Stallone
"Ich bin von einem Dutzend Schulen geflogen. Nicht, weil ich mich ständig geprügelt habe. Ich war kein Schlägertyp. Der Grund war ADHS, unter dem ich bis heute leide", erzählte Sylvester Stallone in einem Interview von 2007. Bildrechte: IMAGO/i Images
Sylvester Stallone
"Ich bin von einem Dutzend Schulen geflogen. Nicht, weil ich mich ständig geprügelt habe. Ich war kein Schlägertyp. Der Grund war ADHS, unter dem ich bis heute leide", erzählte Sylvester Stallone in einem Interview von 2007. Bildrechte: IMAGO/i Images
Jamie Oliver
Auch Koch Jamie Oliver geht mittlerweile ganz offen mit seiner ADHS-Erkrankung um. Bildrechte: Getty Images
Justin Bieber
Schon 2012 erwähnte Superstar Justin Bieber in einem Interview, dass er ADHS hat. Bildrechte: IMAGO / UPI Photo
Michael Bublé bei einem Auftritt
Kanadas Superstar Michael Bublé litt in seiner Kindheit unter ADHS und Zwangsstörungen. Bildrechte: Getty Images
Felix Lobrecht
Seit der ADHS-Diagnose verstehe er nun besser, warum ihm manche Sachen schwergefallen seien, sagt Comedian Felix Lobrecht ("Gemischtes Hack"). Bildrechte: picture alliance/dpa | Gerald Matzka
Dr. Eckart von Hirschhausen mit Stethoskop an einem Globus
"Ich konnte früher nicht mal ins Kino gehen, ohne dass meine Beine angefangen haben zu kitzeln, ich konnte nicht still sitzen", sagt Arzt, Moderator und Buchautor Dr. Eckart von Hirschhausen. Bei ihm wurde eine leichte Form von ADHS diagnostiziert. Bildrechte: Silbersalzfestival, Julian-Feldmann
Nelly Furtado
"Ich vermute, dass ich ADHS schon mein ganzes Leben lang habe, aber da ich als Kind sechs Tage in der Woche Instrumente gespielt habe, blieb es unter Kontrolle." Superstar Nelly Furtado meldete sich nach langer Zeit der Funkstille 2023 mit diesem Statement zurück auf der Bühne. Bildrechte: Mary Rozzi
Sarah Kuttner
Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner: "Allein die Erkenntnis, ADHS zu haben, war für mich die größte Erleichterung – ich bin gar nicht verrückt." Bildrechte: IMAGO / VIADATA
Mel B
Schon in ihrer Autobiografie von 2018 sprach Ex-Spice Girl Mel B. von psychischen Problemen. Später legte sie nach: Bei ihr wurde auch ADHS diagnostiziert. Vor allem Meditationübungen helfen ihr nun im Alltag. Bildrechte: Alberto E. Rodriguez/Getty Images
Die Schauspielerin Marie Nasemann
"Ich wusste mit der Diagnose: Mein Gehirn tickt ein wenig anders als das Gehirn von anderen Leuten." Ex-GNTM-Kandidatin, Schauspielerin und Podcasterin Marie Nasemann machte 2023 ihre ADHS-Diagnose öffentlich. Bildrechte: picture alliance/dpa | Henning Kaiser
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Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 30. Oktober 2023 | 17:15 Uhr

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