Verpackungsmüll reduzieren Bioplastik, Mehrweg & Co.: Wie nachhaltig kann Verpackung sein?
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10. Mai 2024, 14:27 Uhr
Unser Verpackungsmüll bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau. Ganz darauf verzichten kann man nicht immer. Sind Bioplastik und -kunststoff eine Alternative - oder doch eher Papier? Wie umweltfreundlich sind Mehrweg-Systeme? Und kommt man in einigen Bereichen vielleicht doch ganz ohne Verpackung aus? Ein Überblick.
In Deutschland fielen im Jahr 2020 insgesamt 18,8 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an. Pro Kopf entspricht dies durchschnittlich 225,8 Kilogramm Verpackungsabfall.
Seit 2010 ist der Verpackungsverbrauch kontinuierlich um 17,9 Prozent gestiegen. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Umweltbundesamts zu Aufkommen und Verwertung von Verpackungen in Deutschland.
Private Haushalte verursachen von der Gesamtmenge 54 Prozent, also über 8,7 Millionen Tonnen beziehungsweise 104,9 Kilogramm pro Kopf.
Biokunststoff - was ist dran an biologisch abbaubaren Einwegverpackungen?
Nicht immer den eigenen Kaffeebecher oder die eigene Brotdose mit sich herumschleppen zu müssen - eine praktische Angelegenheit. Sind Assietten und Verpackungen als "biologisch abbaubar" oder gar "Biokunststoff" gekennzeichnet, fühlen sich viele Verbraucher auf der sicheren Seite.
Doch der Schein trügt. Bereits im Jahr 2012 titelt das Umweltbundesamt: "Biokunststoffe nicht besser". Der Grund für diese Aussage: "Bioplastik" und "Biokunststoff" sind keine geschützten Begriffe. Woraus die sogenannten Bio-Verpackungen hergestellt sind und vor allem zu welchem Prozentsatz, ist nicht festgelegt. Bioabbaubar können sie sein, müssen es aber nicht. Und: Ein Kunsttoff, der als bioabbaubar gekennzeichnet ist, kann trotzdem erdölbasiert hergestellt worden sein.
Bioplastik kann nicht recycelt werden
Deshalb sind Kunststoffe aus Pflanzen wie Zucker, Kartoffeln oder Mais nicht unbedingt umweltfreundlicher. Und: Sie lassen sich kaum recyceln. Aus dem "gelben Sack" müssen sie aussortiert und letztlich verbrannt werden. Zudem ist der Anbau von Pflanzen für die Kunststoffproduktion häufig mit verstärktem Pestizideinsatz verbunden und findet in Monokulturen statt.
Gelangen sogenannte Biokunststoffe in die Umwelt, verbleiben sie dort sehr lange und sind genauso schädlich wie Rohöl-Kunststoffe. Auch Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen sind nicht umweltfreundlich. Sie bauen sich in der Natur kaum ab und sie verleiten zu unsachgerechter Entsorgung. Im Biomüll haben diese Tüten nichts verloren.
Papier statt Plastik?
Auch von Plastik auf Papier umzusteigen, ist keine Lösung. Zum einen dürfen auch Papierverpackungen wegen langer Abbauzeiten, Druckfarben und Kunststoffbeschichtungen nicht in der Umwelt landen - zum größten Teil nicht einmal im Altpapier. Zum anderen würde der Umstieg auf Papier und Pappe den Druck auf die Wälder weltweit erhöhen.
Einweggeschirr aus Naturmaterialien
Naturmaterialien wie Zuckerrohr, Palmblätter, Bambus und Weizenkleie sind nur bedingt eine Alternative zu Plastik. Aufgrund aufwändiger Herstellungsprozesse und langer Transportwege ist eine ökobilanzielle Beurteilung von Verpackungsmaterialien und Einweggeschirr aus Naturstoffen im Vergleich zu Kunststoff kompliziert.
Viele Angebote sind aus Umweltsicht kritisch zu hinterfragen: Wie chemikalien- oder energieintensiv ist die Weiterbearbeitung und wofür stehen die Rohstoffe nicht mehr zur Verfügung, wenn sie für Einwegprodukte genutzt werden? Trotz des aktuellen Booms werden Naturmaterialien wegen der hohen Kosten Nischenprodukte bleiben, prognostiziert die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung.
Mehrweg statt Einweg
Fast die Hälfte der in Deutschland erhältlichen Getränke wird in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen verkauft. Glasflaschen können bis zu 50 Mal wiederverwendet werden und sparen im Vergleich zu Einweg-Plastikflaschen unnötige Abfallmengen ein. Sind sie nicht mehr nutzbar, können sie recycelt werden. Das erfordert allerdings sehr viel Energie.
Mehrweg-PET-Flaschen haben sogar eine noch bessere Ökobilanz. Sie können zwar nur bis zu 25 Mal wiederverwendet werden, haben aber ein deutlich niedrigeres Gewicht. Das schlägt sich u.a. im CO2-Ausstoß beim Transport der Flaschen nieder.
Übrigens: Wer Leitungswasser trinkt, verzichtet sogar vollständig auf Verpackungen.
Die beste Verpackung ist keine Verpackung
Völlig unverpackt können nicht nur Leitungswasser, sondern auch Obst und Gemüse eingekauft werden. Wer bewusst zu unverpacktem Obst und Gemüse greift, spart wertvolle Rohstoffe.
Hinzu kommt, dass bei Produkten ohne Verpackung die Menge frei wählbar ist. Das hilft beim Portionieren - und dabei, später keine verdorbenen Lebensmittel entsorgen zu müssen.
Nachfüllen - und Verpackung sparen
Kann man auf Verpackung nicht verzichten, sollte sie zumindest effizient und nachfüllbar sein. Das ist bislang vor allem für Kosmetikprodukte möglich. Ob der Pumpspender für Flüssigseife oder ein aufwendig gestaltetes Puderdöschen - zahlreiche Kosmetikfirmen bieten zumindest verpackungsarme Nachfüllpackungen an.
In sogenannten Unverpackt-Läden gibt es sogar sämtliche Waren des täglichen Bedarfs ohne Verpackung. Abgefüllt wird in Behälter, die die Kunden selbst mitbringen. Der Nachteil: Die Auswahl an Produkten ist beschränkt und meist deutlich teurer als in Supermärkten und Discountern.
BRISANT/wirfuerbio.de/nabu.de/Umweltbundesamt
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 22. März 2023 | 17:15 Uhr