Aus Mensch wird ErdeReerdigung: So soll die neue Form der Bestattung funktionieren
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Wie will man beerdigt werden? Eine wichtige Frage, auf die es viele verschiedene Antworten gibt. Neben der klassischen Sarg- oder Urnenbestattung gibt es nun auch die sogenannte Reerdigung - zumindest als Testversuch in Schleswig-Holstein.
Leichnam bleibt 40 Tage im Metallsarg
Bei einer Reerdigung wird der Leichnam in einem "Kokon" bestattet. Das ist ein Metallsarg, in dem Heu, Stroh und Blumen liegen. Auf dieses Bett wird der nackte Leichnam gelegt und anschließend mit einem Deckel versehen. Der Kokon bleibt dann für 40 Tage geschlossen.
In diesen 40 Tagen zersetzt sich der Körper auf natürliche Weise zu Humus, der anschließend auf einem Friedhof beigesetzt werden soll.
Seit Februar 2022 bietet das Unternehmen "Meine Erde" die sogenannte Reerdigung als Testversuch in Schleswig-Holstein an. Das Unternehmen wirbt damit, dass es sich um eine besonders nachhaltige Art der Bestattung handeln soll. "Wir arbeiten ohne Chemikalien. Nur Sauerstoff führen wir von außen zu", sagt Geschäftsführer Pablo Metz.
Auch nach einer Chemo-Therapie kurz vor dem Tod oder bei einem Tod durch Corona könnten Menschen "reerdigt" werden.
Ausnahmefälle sind Infektionskrankheiten wie Ebola und Prionen. "Bei Verstorbenen mit diesen Erkrankungen würden wir eine Reerdigung ablehnen. Diese Verstorbenen werden in Deutschland ohnehin der Feuerbestattung zugeführt und weder erdbestattet noch reerdigt", teilte das Unternehmen BRISANT mit.
Aktuell gibt es von Seiten des Unternehmens noch eine andere Einschränkung bei der Reerdigung: Leichname dürfen maximal 100 kg wiegen.
Vorteil: Kein Sarg nötig
Nach 40 Tagen ist das Weichgewebe des Verstorbenen zu Erde geworden, sagt das Unternehmen. Wie bei einer Feuerbestattung auch, bleiben aber Knochen übrig, die durch eine Knochenmühle gedreht und der Erde wieder beigemischt werden.
Die Erde der Reerdigung könne dann auf einem Friedhof beigesetzt werden. Auf sie soll außerdem noch eine Schicht Friedhofserde gestreut werden. Ein Sarg soll nicht nötig sein.
Uni Leipzig begleitet Projektversuch
Rechtsmediziner Marcus Schwarz von der Universität Leipzig hat die Pilotphase begleitet und verschiedene Erdproben untersucht. Für ihn ist die Reerdigung nach bisherigen Erkenntnissen unbedenklich.
Eine Sargbestattung sei viel problematischer. "Wenn die Leute wüssten, wie sie nach zwei Jahren unter der Erde aussehen, würden sich viele sicherlich so nicht mehr bestatten lassen wollen", erklärt Schwarz.
Durch den Luftabschluss in den Särgen verlangsame sich der Verwesungsprozess. Das Ergebnis seien oft von Schimmel befallene Wachsleichen. Hinzu komme die synthetische Kleidung der Leichen, die oft schwer verrotte.
Kritik: Am Ende bleibt gar kein Humus übrig
Doch das Projekt Reerdigung hat nicht nur Befürworter: Der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel kritisiert, dass es sich bei der gewonnenen Erde nicht um Humus handle, da er "relativ viel verfaultes Fleisch" enthalte. Seine Aussage ist allerdings umstritten, denn eine Probe von "Meine Erde" hat der Wissenschaftler nie untersucht. "Der Prozess ist für mich eine Black Box und für die Angehörigen auch", sagte Püschel im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Reerdigung nicht überall erlaubt
Reerdigungen sind aktuell nur in Schleswig-Holstein erlaubt. Die Erde aus Reerdigungen darf außerdem in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg-Ohlsdorf beigesetzt werden (Stand: Oktober 2023).
Andere Bundesländer, zum Beispiel Berlin, wollen die Testphase in Schleswig-Holstein zunächst abwarten. In einigen Gemeinden, zum Beispiel in Aschersleben in Sachsen-Anhalt, wird derzeit diskutiert, ob Reerdigungen angeboten werden sollten.
Bayern und Nordrhein-Westfalen haben sich bereits festgelegt und werden die Reerdigung in ihren Ländern nicht erlauben.
Die bayerischen Behörden sagen, dass bei dieser Bestattungsform neben einem "Verstoß gegen die Bestattungspflicht eine Verletzung der Würde des Verstorbenen und des Pietätsempfindens der Allgemeinheit" naheliege.
Nordrhein-Westfalen argumentiert, dass der Anbieter "Meine Erde" bisher nicht belegt habe, dass Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung ausgeschlossen sind.
Quellen und weiterführende Links:
BRISANT
epd
MDR Wissen
NDR
Deutschlandfunk Kultur
RBB
Wikipedia
MDR
Süddeutsche Zeitung
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 01. November 2023 | 17:15 Uhr