Pfleger stützt Seniorin mit Rollator
Demnächst ist die Pflegeversicherung zahlungsunfähig, heißt es in Medienberichten. Stimmt das? Was bedeutet das für Beitrag und Leistungen? Bildrechte: IMAGO / HalfPoint Images

Was kommt auf Rentner zu? Pflegeversicherung: Was jetzt mit dem Beitrag passieren kann

07. Oktober 2024, 16:56 Uhr

Wie dramatisch sind die finanziellen Probleme der gesetzlichen Pflegeversicherung? Laut einem aktuellen Medienbericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) unter Berufung auf Koalitionskreise droht die Zahlungsunfähigkeit. Die Bundesregierung reagiert jetzt - und warnt vor Panikmache.

Was bedeutet das für die Versicherten in Deutschland?

Dem Medienbericht zufolge reicht die von den Krankenkassen bisher prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte nicht aus, um die Pflegeversicherung vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten.

Man ginge in der Regierung von einem Bedarf in Höhe von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten aus, heißt es.

Der Grund? Durch eine mögliche längere Phase der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2025 müsse die Erhöhung schon vorbereitend dafür so ausfallen, dass das Geld mindestens bis zum Frühjahr 2026 ausreicht, so der Bericht.

Seniorin sitzt auf einer Couch und stützt Hände und Kopf auf einen Gehstock.
In Deutschland gibt es immer mehr Pflegebedürftige - die Kosten steigen. Viele Versicherte sind nun in Sorge. Bildrechte: IMAGO / Zoonar II

Die Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung ist neben der Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung ein Teil der Sozialversicherung.

Alle, die gesetzlich krankenversichert sind, sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.

Die Beiträge werden zur Hälfte von den Versicherten (also den Bürgern) und zur Hälfte vom Arbeitgeber entrichtet.

Wer pflegebedürftig wird, erhält Leistungen aus der Versicherung. Pflegebedürftige haben die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden. Allerdings deckt die soziale Pflegeversicherung häufig nicht alle Kosten der Pflege ab.

Wie hoch könnten die Beiträge für die Sozialversicherung steigen?

Derzeit gilt in der Pflegeversicherung ein allgemeiner Beitragssatz von 3,4 Prozent - auch Rentner wären damit von einer Beitragserhöhung auf 3,7 Prozent betroffen.

Kinderlose zahlen 4 Prozent. Für Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren gibt es Abschläge.

Eine Beitragserhöhung von 0,3 Punkten in der Pflege käme noch zu dem in der Krankenversicherung erwarteten Plus von 0,7 Prozentpunkten hinzu. Damit könnten die Sozialbeiträge zum Jahresanfang 2025 so stark steigen wie seit über 20 Jahren nicht mehr.

Junge Frau umarmt ältere Frau.
Auch Angehörige von Pflegebedürftigen sind oft stark belastet - emotional und finanziell. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Gesundheitsminister Lauterbach: Pflegereform kommt

Das Bundesgesundheitsministerium erklärte dazu am Montag, diese Einschätzung könne nicht bestätigt werden. Dass die Pflegeversicherung aber sowohl kurzfristig wie auch strukturell Schwierigkeiten habe, sei bekannt.

Lauterbach kündigte an, "in wenigen Wochen" eine große Pflegereform vorstellen zu wollen.

Pleite mit Ansage

Die finanzielle Schieflage der Pflegekassen ist nicht neu. Die Pflegekasse stecke im Defizit und stehe kurz vor der Pleite, warnten auch die Betriebskrankenkassen im Mai und forderten einen Umbau der Versorgung:

Die Pflegebeiträge steigen ungebremst, ebenso die Eigenanteile Pflegebedürftiger in den Heimen. Die Pflegeversicherung muss dringend völlig neu ausgerichtet werden.

Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes tagesschau.de

Warum wird die Pflegeversicherung immer teurer?

Die steigende Lebenserwartung in Deutschland führt seit Jahren dazu, dass es mehr Pflegebedürftige gibt. Die Pflegeversicherung muss immer mehr Menschen versorgen, die Kosten steigen. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes allein durch die zunehmende Alterung bis 2055 um 37 Prozent zunehmen.

Das Bundesgesundheitsminiserium nannte zudem als zentrale Gründe für Ausgabensteigerungen die erheblichen Entlastungen der Pflegebedürftigen in Heimen durch die jüngste Pflegereform sowie höhere Löhne der Pflegekräfte.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 07. Oktober 2024 | 17:15 Uhr

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