
Zum 90. Geburtstag Yoko Ono: Mehr als Love and Peace
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17. Februar 2023, 15:47 Uhr
Yoko Ono wird in der Kunstszene weltweit als Pionierin der Konzeptkunst gefeiert. Sie stellte in den bedeutendsten Museen der Welt aus. In Deutschland war sie zuletzt 2019 mit der Werkschau "Peace is Power" in Leipzig zu sehen. Viele ihrer Werke sind provokant und alles andere als bequem.
Und doch: Die meisten von uns kennen sie nur als John Lennons Frau und Friedensaktivistin. Besonders bekannt ist ihre Protest-Performance „Bed-In for Peace“.
Jeweils eine Woche lang mietete sie zusammen mit John Lennon während ihrer Flitterwochen 1969 ein Hotelzimmer in Amsterdam und Montreal. Und blieben im Bett.
Die Message: Bleibt lieber im Bett, als Krieg zu führen. Doch dass Yoko Ono auch laut und provokant kann, wird oft vergessen.
Mehr als "Love and Peace"
Bei ihrer bekanntesten feministischen Performance „Cut Piece“ spielt sie mit Provokation. 1965 setzte sich Yoko Ono auf die Bühne der New Yorker Carnegie Recital Hall und legte eine Schere neben sich. Die Zuschauer sollten zu ihr auf die Bühne kommen und Stücke ihrer Kleidung abschneiden. Und das taten auch viele.
Eine Masse von Männern schnitt der Künstlerin das Kostüm klein. Am Ende schaut sie voller Scham und Angst in die Kamera, während sie die Hände vor den zerschnittenen BH hält.
Dokumentiert von einer Kamera geht die Performance als „Cut Piece“ in die Geschichte ein. Yoko Ono setzt sich Gewalt aus, produziert Grenzüberschreitungen, um diese sichtbar zu machen. Diese Idee soll später bekannte Performance-Künstlerinnen wie Marina Abramovic inspirieren.
Yoko Ono als feministische Musikerin
Als Musikerin wurde sie oft belächelt und von der Boulevardpresse zerrissen. Bekannt sind lediglich ihr Weihnachts-Wohlfühl-Song "Happy XMas (War is Over)" und "Give Peace a Chance", die sie zusammen mit John Lennon singt. Dabei war Yoko Ono schon als Kind musikalisch, spielte schon früh Klavier. Als junge Frau studierte sie Komposition an der Sarah Lawrence University in New York.
Auch als Musikerin setzt Yoko Ono auf Lautstärke: Beatles-Fans nannten sie die „böse Hexe im Beatles-Märchen“. Ein Ausdruck von Sexismus und anti-asiatischem Rassismus. Und Yoko Ono nimmt diesen Hass und macht daraus Kunst. So singt sie in ihrem Song „Yes, I’m A Witch“ folgende Zeilen:
Yes, I’m a witch, I’m a bitch. I don’t care what you say. My voice is real, my voice is truth. I don’t fit in your ways
Mit über 70 singt Yoko Ono "Ja, ich bin eine Hexe. Ich bin eine Bitch. Mir ist egal, was du sagst. Meine Stimme ist echt, meine Stimme ist Wahrheit. Ich passe nicht in deine Welt".
Mit der "Plastic Ono Band" schreit und singt sie 50 Jahre lang immer wieder gegen den Krieg und Sexismus an, das Schreien wird bei ihr eine eigene Ausdrucksform. Damit inspirierte sie viele Künstlerinnen und Künstler.
Ihre Texte inspirieren John Lennons Lieder
Und Yoko Ono kann nicht nur Musik, Performance- und Videokunst: Auch die Poesie gehört zu ihrem Lebenswerk. In ihrem Buch "Grapefruit" versammelt sie Ideen für Performances, Skizzen und Gedichte.
Einige Zeilen aus dem Buch sind in abgewandelter Form sehr bekannt, ohne das wir es wissen. Für John Lennons bekanntes Lied "Imagine" lässt sich der Musiker von Passagen aus "Grapefruit" inspirieren.
Ein virtueller Baum der Wünsche
Zu ihrem 90. Geburtstag veröffentlicht Yoko Onos Sohn, der 47-jährige Musiker Sean Ono Lennon, eine virtuelle Version ihrer Installation "Wish Tree".
Seit ihrer ersten Wunschbaum-Installation im Jahr 1996 hat Ono fast zwei Millionen Wünsche von mehr als 200 Bäumen in 35 Ländern gesammelt. Menschen sollten persönliche Wünsche für den Frieden auf einen Zettel schreiben und an einen Zweig binden.
Aber wie sieht es mit den Zukunftswünschen und -plänen des Geburtstagskinds aus? Dem Bayerischen Rundfunk sagt sie in einem Interview: Zukunftspläne habe sie keine. Mit ihren nun 90 Jahren ist Yoko Ono immer noch offen für Neues:
Wenn ich welche hätte, würde ich mich damit nur selbst einschränken. Das tue ich nicht. Ich bin offen für jede Zukunft, die sich mir eröffnet. Und dankbar für jeden Tag, den ich erlebe.
BRISANT/BR/Guardian/ORF/DW/DLF Kultur/Tagesspiegel
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 18. Februar 2023 | 17:15 Uhr