
Diffamierende Bezeichnung Das Unwort des Jahres 2022: Klimaterroristen
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20. September 2023, 12:16 Uhr
Alle Jahre wieder wählt eine Jury der Philipps Universität Marburg das Unwort des Jahres. Für das Jahr 2022 hat das Wort Klimaterroristen das Rennen gemacht. Die Klimakrise, der Ukrainekrieg und der Migrationsdiskurs haben in diesem Jahr die Wahl dominiert.
Die Philipps Universität Marburg hat das Unwort des Jahres 2022 gekürt - und das lautet in diesem Jahr: Klimaterroristen. Ein Ausdruck, der Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit Terroristen gleichsetzt und sie dadurch kriminalisiert und diffamiert, begründet die Jury ihre Wahl.
Durch die Gleichsetzung ihres Protests mit Terrorismus würden gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt.
Eine Entscheidung, die Kulturstaatsministerin Claudia Roth als "sehr kluge und gute Wahl" begrüßt. Zwar lehne auch sie einige Aktions- und Protestformen von Klimaschutz-Aktivisten ab, dennoch sei jeglicher Vergleich mit Terrorismus absolut fehl am Platz.
Platz zwei und drei: Sozialtourismus und defensive Architektur
Ähnliche sprachliche Fauxpas' haben sich den zweiten und dritten Platz der Wahl gesichert. Mit "Sozialtourismus" (Platz 2) hat es das Unwort des Jahres 2013 erneut in die Top drei geschafft. Maßgeblich dafür verantwortlich ist der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, der den Begriff im Zusammenhang mit Ukraine-Flüchtlingen erneut verwendet hatte.
Auf Platz drei schaffte es der Begriff "defensive Architektur". Der Jury zufolge eine "militaristische Metapher". Sie bezeichnet eine architektonische Bauweise, die marginalisierte Gruppen wie wohnungslose Menschen gezielt aus dem öffentlichen Raum verbannen möchte.
Welche Wörter haben das Zeug zum Unwort des Jahres?
Die Aktion Unwort des Jahres rügt Wörter und Formulierungen, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, gesellschaftliche Gruppen diskriminieren, stigmatisieren und diffamieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind.
Klimakrise, Ukrainekrieg und Migrationsdiskurs
In diesem Jahr waren 1.476 Einsendungen mit 497 verschiedenen Ausdrücken eingegangen. 55 von ihnen entsprachen den Unwort-Kriterien.
Unter den häufigsten Einsendungen waren "Sozialtourismus" (71), "Sondervermögen" (54), "(Doppel-)Wumms" (52), "Klima-RAF" (34) und "Klimaterrorist(en)" (32).
Die Unwörter der vergangenen Jahre
Im vergangenen Jahr hatte die Jury mit "Pushback" einen Begriff aus dem Migrations-Diskurs gewählt. 2020 gab es mit "Corona-Diktatur" und "Rückführungspatenschaften" erstmals ein Unwortpaar.
Die Unwörter der Vorjahre lauteten "Klimahysterie" (2019), "Anti-Abschiebe-Industrie" (2018) und "alternative Fakten" (2017).
Vor einem Monat hatte die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden "Zeitenwende" zum Wort des Jahres 2022 gekürt.
(Dieser Artikel wurde am 10.01.2023 zum ersten Mal veröffentlicht.)
BRISANT/epd/unwortdesjahres.net
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 10. Januar 2023 | 17:15 Uhr