
"Rest in Punk" Modedesignerin Vivienne Westwood ist tot
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30. Dezember 2022, 18:06 Uhr
Sie verband Punk mit Mode und engagierte sich bis zuletzt auch politisch: Mit schrillen Outfits und provokanten T-Shirt-Botschaften wurde Vivienne Westwood berühmt. Nun ist die britische Modedesignerin im Alter von 81 Jahren in London gestorben.
Mit frechen Schnitten und provokanten Slogans machte sie den Punk salonfähig: Vivienne Westwood galt als "wahrhaft revolutionäre und rebellische Kraft in der Mode". Bis ins hohe Alter demonstrierte sie für Umweltschutz und Menschenrechte. Nun ist sie im Alter von 81 Jahren "friedlich und im Kreise ihrer Familie" in London gestorben.
Ihr Ehemann Andreas Kronthaler, mit dem Vivienne Westwood rund 30 Jahre verheiratet war, verabschiedete sich mit persönlichen Worten:
Wir haben bis zum Ende gearbeitet, und sie hat mir viele Dinge mitgegeben, mit denen ich weitermachen kann. Danke, Liebling.
Englische Exzentrik: Alles andere als langweilig
Ein Rückblick auf ihre Lebensgeschichte und ihre Karriere - für Vivienne Westwood wäre das ein Graus gewesen. "Müssen wir das alles besprechen?", meckerte sie bereits in der 2018 erschienenen Doku über ihr Leben: "Westwood: Punk, Icon, Activist".
"Das ist so langweilig", meinte Westwood. Dabei gab es in ihrem Leben kaum etwas, das langweilig war. Zeitlebens sorgte die Mode-Anarchistin und Aktivistin mit provokanten Botschaften und schrillen Outfits für Aufsehen.
Ihre ganze Karriere fußte auf von Königsroben inspirierten, ausgeflippten Prachtkleidern, die ihr zum Durchbruch verhalfen. Ihr Name stand für die sprichwörtliche englische Exzentrik.
Schon immer ein bisschen ausgefallen ...
Ein bisschen ausgefallen war die Tochter einer Weberin und eines Kolonialwarenhändlers aus der englischen Grafschaft Derbyshire schon immer.
Geboren am 8. April 1941 als Vivienne Isabel Swire in Tintwistle nahe Manchester, soll sie sogar an ihrer Schuluniform modische Änderungen vorgenommen haben. Das brave Dasein war nichts für sie.
Mit 21 Jahren heiratete sie den begnadeten Tänzer Derek Westwood, mit dem sie einen Sohn bekam: den Fotografen Ben Westwood.
Mit den Sex Pistols zur Mode-Ikone
Doch dann lernte sie den Kunststudenten Malcolm McLaren kennen, Gründer und Manager der Punk-Band Sex Pistols. Westwoods Weg war geebnet.
Zusammen mit McLaren eröffnete sie 1970 auf der Londoner King's Road ihre erste Boutique. Schnell entwickelte sich der Laden zum Herz der jungen Punkszene.
Westwood kreierte die ersten Outfits für Johnny Rotten und Co. mit Sicherheitsnadeln, Netzhemden und Nietenarmbändern - und erschuf damit den ikonischen Punk-Look.
Mode des 18. und 19. Jahrhunderts als Quelle der Inspiration
Auch nach der Trennung von McLaren, mit dem sie ebenfalls einen Sohn hat - Joseph Corre, den Mitgründer der Dessousmarke Agent Provocateur -, blieb Vivienne Westwood ihrer rebellischen Kreativität treu.
Vor allem die Inspiration aus der Mode des 18. und 19. Jahrhunderts war ihr Markenzeichen - allerdings in schrillen, schrägen, exzentrischen Varianten.
Lieber Kunst als Mode
Doch Mode allein war Westwood nie genug. Zunächst hatte sie eine Karriere in dieser Branche gar nicht im Sinn. "Ich wollte keine Modedesignerin sein", stellte sie 2009 im "Time"-Magazin klar. "Ich wollte lieber lesen und intellektuelle Dinge machen."
Ein Kunststudium brach Vivienne Westwood nach nur einem Semester ab, um anschließend eine Ausbildung zur Lehrerin in Angriff zu nehmen - mit Kunst als Hauptfach. Ihr Plan: "Ich werde versuchen, Künstlerin zu werden. Und wenn ich keine Künstlerin sein kann, werde ich Lehrerin."
Politisches Engagement: Menschenrechte, Frieden, Tierschutz, Klimakrise
Lange engagierte sich Punk-Pionierin Westwood für Menschenrechte, Frieden, Tierschutz und den Kampf gegen die Klimakrise. Die große Show gehörte dabei stets dazu, denn sie garantierte ihr Aufmerksamkeit.
2015 ließ sich die Designerin in einem weißen Panzer zum Privathaus des damaligen britischen Premiers David Cameron fahren, um gegen Gasgewinnung durch Fracking zu protestieren.
Noch im vergangenen Jahr sorgte sie mit einem Protest für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange für Aufsehen: Im knallgelben Outfit saß sie vor einem Gerichtsgebäude in London in einem überdimensionalen Vogelkäfig.
Vom Punk zum Establishment: Queen Elizabeth adelt Vivienne Westwood
Obwohl Westwood in ihrer Heimat zunächst belächelt und selbst in den späten 1980ern im Fernsehen noch ausgelacht wurde, kürte man sie 1990 und 1991 zur Britischen Designerin des Jahres. Im Jahr 2006 wurde sie von Queen Elizabeth II. sogar geadelt.
Während Dame Vivienne, so ihr offizieller Titel, im Herzen immer noch Punk war, gehörte ihre Mode längst zum Establishment. Queen-Enkelin Prinzessin Eugenie erschien zur Hochzeit von William und Kate 2011 in einem Westwood-Kleid. Selbst die frühere Premierministerin Theresa May trug einen ihrer Hosenanzüge.
Hof-Modeschöpferin der Royals wurde Vivienne Westwood trotzdem nicht. Stil-Ikone Herzogin Kate empfahl sie eine Reduzierung der Zahl ihrer Outfits - aus Gründen des Umweltschutzes.
Promis trauern um Designerin Westwood
In den sozialen Netzwerken gedenken zahlreiche Größen aus Mode, Musik und Film der Ausnahme-Designerin. Das Genie von Vivienne Westwood und ihre einzigartige Stimme seien unersetzlich und würden vermisst werden, schreibt Supermodel Claudia Schiffer in einer Instagram-Story.
Künstlerin Yoko Ono schreibt auf Twitter: "Was für eine Frau - so jung im Herzen, motiviert, schön und elegant." Popstar Boy George nennt Westwood in einem Tweet die "unangefochtene Königin der britischen Mode".
Auch Ex-Spice-Girl und Kollegin Victoria Beckham kondoliert Westwoods Familie in einer Instagram-Story. Schauspielerin Jamie Lee Curtis wünscht "Ikone" Westwood auf Instagram: "Rest in Punk".
BRISANT/dpa
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 30. Dezember 2022 | 17:15 Uhr