BerufungNach Urteil im Kuss-Skandal: Deshalb ist der Prozess doch noch nicht vorbei
Der Prozess gegen den ehemaligen spanischen Fußball-Verbandschef Luis Rubiales ist beendet. Oder doch nicht? Der 47-Jährige ist am Donnerstag (20. Februar) zunächst zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt worden. Außerdem entschied das Gericht, dass sich Rubiales der spanischen Nationalspielerin Jenni Hermoso nach dem erzwungenen Kuss im WM-Finale 2023 ein Jahr lang nicht nähern oder mit ihr kommunizieren darf.
Einen Tag nach dem Urteil scheint klar, dass weder Rubiales noch Hermoso das Urteil akzeptieren wollen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wollen beide in Berufung gehen. "Das ist ihre Absicht", sagte Hermosos Anwalt Ángel Chavarría. Bereits am Vortag hatte Rubiales angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Und auch die Staatsanwaltschaft will sich offenbar nicht mit dem Urteil abfinden. Das berichtet unter anderem der staatliche Fernsehsender RTVE.
Skandal nach WM-Finale 2023
Worum ging es bei dem Prozess? Rubiales hatte der spanischen Nationalspielerin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung nach dem WM-Finale der Frauen mit beiden Händen an den Kopf gefasst und sie auf den Mund geküsst. Die Fußballerin gab an, dies sei gegen ihren Willen geschehen. Der Vorwurf: sexueller Übergriff und Nötigung.
Bei seiner Vernehmung (11. Februar) beharrte Luis Rubiales auf seiner Version des Vorfalls. Er sei sich "absolut sicher", dass die Spielerin Jennifer Hermoso ihm erlaubt habe, sie bei der Siegerehrung auf den Mund zu küssen.
Lippenleser analysierte Videoaufnahmen
"Ich habe sie gefragt, ob ich ihr einen Kuss geben darf, und sie hat 'okay' gesagt, und das ist, was passiert ist", sagte Luis Rubiales in der Verhandlung. Der Vorfall habe weder für die Spielerin noch für ihn "irgendeine Bedeutung" gehabt, es sei einfach ein "Akt der Zuneigung" im allgemeinen Siegestaumel gewesen.
Ein Experte für Lippenlesen bestätigte vor Gericht anhand von Videoaufnahmen des Vorfalls, dass Luis Rubiales Jennifer Hermoso die Frage gestellt habe: "Kann ich dir einen Kuss geben?". Zu einer möglichen Antwort der Spielerin konnte der Experte nichts sagen, da ihr Gesicht auf dem Video verdeckt war.
Der Angeklagte räumte im Prozess ein, mit dem Kuss bei der Siegesfeier "einen Fehler" gemacht zu haben. Sein Verhalten sei "nicht angemessen gewesen" und er hätte sich formeller verhalten sollen, sagte er. Jeglichen Druck, den er nach dem Vorfall auf Jennifer Hermoso ausgeübt haben soll, bestritt der Ex-Verbandschef.
Kuss löste "Ekel und Abscheu" aus
Am ersten Verhandlungstag (3. Februar) sagte Jennifer Hermoso, aus.
Als die Fußball-Weltmeisterin berichtete, dass der unfreiwillige Kuss nach dem Finale bei ihr "Ekel und Abscheu" ausgelöst habe, zeigte Luis Rubiales keine Regung, wie Journalisten vor Ort berichteten.
Die Stürmerin bestätigte, dass Luis Rubiales sie damals bei der Siegerehrung gegen ihren Willen auf den Mund geküsst habe.
Es war ein Moment, der einen der glücklichsten Tage meines Lebens überschattet hat. Ich habe es überhaupt nicht kommen sehen.
Jennifer Hermoso | dpa
Spießrutenlauf und Todesdrohungen
Außerdem versicherte Jennifer Hermoso, dass sie in den Tagen nach der WM von Luis Rubiales und damaligen Verbandsmitarbeiterin unter Druck gesetzt worden sei, die Sache herunterzuspielen.
Am erschütterndsten waren aber wohl die Worte der 34-Jährigen über das lange Leid, das sie wegen des Skandals ertragen musste.
Vor meinem Haus standen rund um die Uhr Kameras, Menschen verfolgten mich auf der Straße und machten Fotos von mir, eine Zeit lang hatte ich Angst, auf die Straße zu gehen.
Jennifer Hermoso | dpa
Sie habe zudem Todesdrohungen erhalten und irgendwann den Entschluss gefasst, "mit der ganzen Familie Madrid zu verlassen".
Luis Rubiales drohte Gefängnisstrafe
Sollte das Urteil Bestand haben, wäre Rubiales mit einem blauen Auge davongekommen. Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft und eine Entschädigung von 50.000 Euro gefordert. Dass das Gericht sein Urteil revidiert, halten Rechtsexperten für sehr unwahrscheinlich. Es handele sich um ein "vernünftiges Urteil", das gut begründet sei, sagte etwa der spanische Jurist David Aineto dem Radiosender "Cadena Ser".
Quellen
dpa
afp
sid
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 21. Februar 2025 | 17:15 Uhr