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Blick auf den Schwangerschaftstest – wieder nicht schwanger. Rund zehn Prozent der deutschen Paare sind kinderlos – ungewollt. Bildrechte: dpa

KinderwunschUngewollt kinderlos: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Stand: 18. November 2022, 21:39 Uhr

Ist die Entscheidung für ein Kind gefallen, kann es vielen Paaren oft nicht schnell genug gehen. Doch während es bei den meisten Paaren schon nach Wochen oder Monaten klappt, bleiben etwa zehn Prozent ungewollt kinderlos. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Tabuthema Kinderlosigkeit? Trotz einer anscheinend aufgeklärten und modernen Gesellschaft spüren viele Frauen den Druck, Mutter zu werden. Kinder als Erfüllung? Laut Studien werden kinderlose Paare von ihren Mitmenschen als weniger glücklich und zufrieden eingeschätzt – ein Stigma, das ungewollt kinderlose Paare nur noch mehr unter Druck setzt.

Denn während sich manche Frauen und Paare ganz bewusst gegen Nachwuchs entscheiden, klappt es bei anderen einfach auf natürlichem Wege nicht. Betroffene erleben das als Zerreißprobe in ihrer Partnerschaft, fühlen sich oft machtlos oder gar schuldig. 

Dabei ist ein unerfüllter Kinderwunsch kein seltenes Phänomen: Studien zufolge sind in Deutschland bis zu 1,4 Millionen Frauen und Männer zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos – also fast jedes zehnte Paar.

Ein unerfüllter Kinderwunsch sollte kein Tabuthema mehr sein. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Immer mehr Paare suchen sich Hilfe

Für die Erfüllung des Kinderwunsches sind diese Paare auf medizinische Hilfe angewiesen. Allein in Deutschland gibt es mehr als 130 Kinderwunschzentren. Laut Deutschem IVF-Register stieg die Zahl der Behandlungen zwischen 2014 und 2019 von 88.300 auf über 105.000 Behandlungen an.

Mögliche Gründe für Unfruchtbarkeit

Oft hat es medizinische Gründe, weshalb eine Frau nicht schwanger werden kann. Pro Zyklus liegt die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, bei rund 30 Prozent. Die meisten Frauen werden innerhalb von drei Zyklen schwanger, bei 15 bis 20 Prozent dauert es bis zu einem Jahr. Bei Frauen, die nach zwölf Monaten regelmäßigem ungeschützten Sex nicht schwanger werden, spricht die WHO von Unfruchtbarkeit. 

Fruchtbarkeitsstörungen haben bei Frauen meist biologische und hormonelle Gründe. Aber auch Erkrankungen, Geschlechtskrankheiten oder psychische Probleme können Schwangerschaften verhindern. 

Häufige Gründe sind: 


  • PCO-Syndrom und andere Hormonstörungen: Hierbei bleibt der Eisprung aus.
  • Gelbkörperschwäche: Die Eizelle nistet sich nicht ein
  • Gutartige gynäkologische Erkrankungen wie Endometriose und Myome

Um möglichen Ursachen auf den Grund zu gehen, ist eine ausführliche Diagnostik nötig. Hier wird unter anderem ein Hormoncheck durchgeführt, außerdem werden die Eierstöcke der Frau auf mögliche Entzündungen untersucht. Auch der Partner sollte sich beim Urologen untersuchen lassen, denn nicht immer liegt die Ursache bei der Frau.   

Die Diagnostik wird grundsätzlich von gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen.

Fruchtbarkeit nimmt stetig ab

Tatsächlich nimmt die Fruchtbarkeit laut der WHO immer weiter ab. Ein Grund: Paare entschließen sich immer später dazu, Kinder zu bekommen. Bei Frauen nimmt die Fruchtbarkeit jedoch schon ab 26, bei Männern ab 40 Jahren ab.

Kinderwunschbehandlung: Diese Möglichkeiten gibt es

Bei manchen Patienten ist eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege fast ausgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass ihr Schicksal mit der Diagnose besiegelt ist. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten. Welche Kinderwunschbehandlung für das Paar am erfolgversprechendsten ist, hängt davon ab, was die Ursache der Kinderlosigkeit ist. Die Behandlung wird deshalb individuell auf die Bedürfnisse des Paares abgestimmt.

Grundsätzlich stehen Paaren mit Kinderwunsch folgende Methoden und Verfahren zur Verfügung:

Zyklusoptimierung und Hormontherapie

Nicht in jedem Fall ist eine komplizierte Behandlung notwendig. Manchmal braucht es nur einen kleinen Impuls. Bei der Zyklusoptimierung überwacht der behandelnde Gynäkologe beispielsweise mittels Ultraschall und Bestimmung der Hormone im Blut den natürlichen Zyklus. Somit kann er den Paaren den optimalen Zeitpunkt zum Geschlechtsverkehr vorhersagen. Der Ablauf des Zyklus kann außerdem mit bestimmten Hormonen unterstützt werden.

Intrauterine Insemination (IUI)

Die Insemination wird meist durchgeführt, wenn beim Mann eine zu geringe Samenmenge oder eine mangelnde Qualität des Spermas festgestellt wurde. 

Bei der Intrauterinen Insemination, kurz IUI, wird der Samen am Tag des Eisprungs mithilfe eines Schlauches direkt in die Gebärmutter injiziert. Um die Chance einer Schwangerschaft zu erhöhen, werden im Vorfeld die optimalen Spermien herausgefiltert.  

In-Vitro-Fertilisation (IVF)

Nach einer hormonellen Stimulation werden der Frau operativ Eizellen entnommen. Diese werden im Reagenzglas ("in vitro" heißt "im Glas") mit aufbereiteten Spermien des Partners verschmolzen. Im optimalen Fall entwickeln sich Embryonen, von denen maximal drei in die Gebärmutter eingesetzt werden. Diese Anzahl ist durch gesetzliche Regelungen begrenzt. Außerdem kann, wenn keine geschlechtsgebundene Erbkrankheit besteht, das Geschlecht des Kindes nicht gewählt werden.

Die übrig gebliebenen, imprägnierten Eizellen können eingefroren werden, falls es zu einem fehlgeschlagenen Versuch oder einem erneuten Kinderwunsch kommt. Das nennt man dann Kryotransfer.

Die Erfolgsrate liegt bei 25 bis 30 Prozent.

Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

Hierbei handelt es sich um ein abgewandeltes Verfahren der In-vitro-Fertilisation. Wie bei der IVF werden der Frau Eizellen entnommen. Jedoch wird hier anschließend mittels einer Pipette nur ein einzelnes, selektiertes Spermium direkt in die Eizelle injiziert. Die befruchtete Eizelle kommt für zwei bis vier Tage in einen Brutschrank. Entwickelt sich die Zelle, wird der Embryo vaginal in den Uterus übertragen.

In rund 25 Prozent der Fälle kann eine Schwangerschaft herbeigeführt werden.

In-Vitro-Maturation (IVM)

Das IVM-Verfahren ist noch relativ neu. Der Frau werden einige Tage nach der Menstruation unreife Eizellen entnommen. Diese reifen dann mithilfe von Hormonen außerhalb des Körpers in einer Nährlösung in einem Reagenzglas. Die Eizelle kann danach per ICSI mit einem selektierten Spermium präpariert und der Frau übertragen werden. 

Die Erfolgsrate liegt bei etwa 20 Prozent.

Intratubarer Gametentransfer (GIFT)

Beim GIFT werden der Frau mit Hilfe einer Bauchspiegelung Eizellen entnommen. Diese werden zusammen mit aufbereiteten Samenzellen des Partners in einen oder in beide Eileiter gespritzt. Dies kann entweder über die Bauchdecke oder mithilfe eines Katheters durch den Muttermund erfolgen. Die Befruchtung erfolgt dann auf natürlichem Wege.

Angewandt wird die GIFT-Methode, wenn die Ursachen der Unfruchtbarkeit nicht exakt ermittelt werden können. Die Erfolgsquote liegt in etwa bei 20 Prozent. Es besteht allerdings eine erhöhte Gefahr für eine Eileiterschwangerschaft.

TESE/MESA

Liegt das Problem beim Mann, wird häufig eine TESE/MESA vorgenommen: Meist befinden sich in der Samenflüssigkeit keine oder zu wenige intakte Spermien. Mithilfe von zwei operativen Verfahren, der TESE und der MESA, wird im Hoden bzw. Nebenhoden nach aktiven Samen gesucht, die dann entnommen werden. In der Regel werden die Spermien dann aufbereitet, eingefroren und schließlich per ICSI der Frau übertragen.

Samenspende

Während eine Eizellspende in Deutschland verboten ist, ist eine Samenspende möglich. Entweder kann der eigene Mann den Samen spenden oder es werden fremde Samen von der Samenbank genutzt.

Samenspenden ermöglichen es auch Alleinstehenden oder gleichgeschlechtlichen Paaren, schwanger zu werden. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Wer trägt die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung?

Die Kosten für Kinderwunschbehandlungen (zwischen ein und vier Versuchen) werden je nach Bundesland und Krankenkasse anteilig übernommen. Allerdings nur, wenn ein Paar verheiratet ist (in einigen Bundesländern werden auch Unverheiratete unterstützt) und die Frau jünger als 40 und der Mann jünger als 50 Jahre ist.

Außerdem müssen Krankenkassen die Kosten einer künstlichen Befruchtung bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren nicht tragen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) am 10. November 2021 entschieden.


Brisant/WHO/apotheken-umschau.de/ivf-spain.com/profamilia.de/netdoktor.de

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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 18. November 2022 | 17:15 Uhr