Helfen Hormone oder Antidepressiva? Wechseljahre und Depression: Diesen Zusammenhang sollten Frauen kennen
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11. November 2024, 10:59 Uhr
Symptome wie Angststörungen, Schlafprobleme, Konzentrationsstörungen können auch mit den Hormonschwankungen in den Wechseljahren zusammenhängen. Was Frauen jetzt tun können,welche Medikamente wann helfen und was das mit dem Gehirn in der Perimenopause zu tun hat:
Ängste, Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit - können diese Symptome auch mit den Wechseljahren zu tun haben? Das ist möglich.
Vielen Frauen - und auch Ärzten - ist dieser Zusammenhang gar nicht bewusst. Dabei zeigt eine aktuelle britische Studie dass die Wahrscheinlichkeit, erstmals im Leben eine schwere depressive Episode zu haben, während der Perimenopause um rund 30 Prozent erhöht ist.
Besonders gefährdet sind Frauen, die bereits früher depressive Episoden erlebt haben - Baby Blues, eine prämenstruelle dysphorische Störung, ein Burn-out, eine depressive Phase oder auch eine Essstörung.
Wie unterscheide ich Depression und Hormonschwankungen?
Die Symptome von Depressionen und Perimenopause ähneln sich oft: Antriebslosigkeit, Dünnhäutigkeit, schnelle Reizbarkeit oder belastende Schlafstörungen - treten die nun aufgrund der Hormonschwankungen auf und sind nicht durchgängig vorhanden oder habe ich schon eine Depression? Auch für Fachleute ist es gerade anfangs schwierig, die Symptome eindeutig zuzuordnen.
Was hier hilft ist die Beobachtung, ob sich Symptome immer wieder mal bessern (das spricht für einen Zusammenhang mit Hormonschwankungen) oder sind sie permanent vorhanden?
Ebenso wichtig ist die Frage, ob man mit ähnlichen Situationen oder Belastungen früher gut zurechtgekommen ist - und plötzlich stellt man fest, dass man damit nicht mehr umgehen kann?
Ebenfalls unterschieden Fachleute nach ganz genauen Kriterien, ob es sich um eine depressive Verstimmung, eine depressive Episode, oder eine (leichte, mittelgradige oder schwere) Depression handelt. Um festzustellen, wo eine Patientin grundsätzlich steht, werden diese Haupt- und Nebenkriterien überprüft und auch die Frage gestellt, wie lange und in welcher Intensität die Beschwerden anhalten.
Bei verschiedenen Betroffenen kann sich die Depression also unterschiedlich äußern und nicht immer sind alle Symptome vorhanden. Wichtig zu wissen: Die Diagnose "Depression" kann nur von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie gestellt werden. Und dann muss eventuell auch schnell gehandelt werden:
Wenn die Kriterien für eine schwere depressive Episode erfüllt sind, dann sollte man auf jeden Fall eine medikamentöse Therapie beginnen
Helfen Antidepressiva, Hormone - oder beides?
Bei Frauen ab 40, die mit psychischen Symptomen zu ihnen kommen, sind die Wechseljahre immer eine Möglichkeit, die als Ursache oder Verstärker in Betracht gezogen werden muss, sagen Frauenärztin Dr. Katrin Schaudig und Psychiaterin Dr. Katrin Markgräfe-Weisser.
Welcher Frau dann welche Behandlung am besten hilft, ist individuell unterschiedlich. Ein dualer Ansatz - also eine Kombination von Hormonen und Antidepressiva - kann aber in vielen Fällen sinnvoll sein.
Ob das dann bioidentische Hormone sind oder zum Beispiel eine östrogenfreie Pille, um die Schwankungen des Eierstockes zu unterdrücken, ob es antriebssteigernde oder eher dämpfende Antidepressiva sind und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, das kommt auf die konkrete Situation der Frau an.
Für eine ganzheitliche Behandlung ist die Zusammenarbeit von Frauenärzten und Psychiatern entscheidend - da sind sich beide Expertinnen einig.
Was hilft noch bei Depressionen und anderen Symptomen in den Wechseljahren?
Vielen Frauen hilft schon die Information über die Wechseljahre und mögliche Symptome. Auch, wenn für eine betroffene Frau eine Hormonersatztherapie oder ein Anidepressivum nicht in Frage kommt, gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung, wie eine Ernährungsumstellung, Phytoöstrogene, Johanniskraut- und Traubensilberkerze-Präparate, Sport, Akupunktur, kognitive Verhaltenstherapie, Wechseljahreberatung oder Hypnose.
Wie lange dauern Depressionen in den Wechseljahren?
Wenn die psychischen Symptome durch die Hormonschwankungen in den Wechseljahren ausgelöst wurden, können sich die Anzeichen nach der Menopause - wenn die Hormone zur Ruhe kommen - wieder regulieren.
Betroffene Frauen sollten aber auch in dieser Phase mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt im Gespräch bleiben.
Woran liegt es, dass Frauen in den Wechseljahren gefährdeter für Depressionen sind?
Wie die britische Studie zeigt, können auch Frauen ohne eine psychische Vorgeschichte in dieser Lebensphase von Ängsten oder Depressionen betroffen sein.
Frauen kommen durchschnittlich mit Anfang 40 in die Wechseljahre. In dieser Anfangsphase ist häufig der Zyklus noch relativ regelmäßig, aber es können sich erste Symptome der Hormonveränderungen im Alltag bereits bemerkbar machen: Schlafprobleme, aber auch Gereiztheit oder Stimmungsschwankungen sind gerade in der Perimenopause - also dem Zeitraum vor der letzten Periode - nicht selten.
Der Hintergrund: In der Perimenopause schwanken die Hormone Progesteron und insbesondere Östrogen stark. Diese "Achterbahn der Hormone" beeinflusst das Wohlbefinden und kann den Gemütszustand verschlechtern: Die Schwankungen in dieser Phase sind für das Gehirn und insbesondere die Region, in der Emotionen reguliert werden, nicht gut zu verarbeiten.
Auch erstmals auftretende Panikattacken sind in dieser Phase möglich - plötzlich auftretende Angstzustände, zum Beispiel beim Autofahren, aber auch gesteigerte Reizbarkeit oder Aggressionen.
Die Rezeptoren für die Hormone sind auch im Gehirn zu finden. [...] Deswegen kann es zusätzlich zu den körperlichen Symptomen, eben auch zu seelischen oder psychischen Symptomen kommen. Die Schwankungen der Hormone in der Perimenopause wirken sich auf das Gehirn aus.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 23. Oktober 2024 | 17:15 Uhr