Anzeichen für eine SpielsuchtGlücksspiel und Sportwetten - daran lässt sich eine Sucht erkennen
Die Glücksspielsucht ist eine häufig unterschätzte Gefahr, die Folgen für Betroffene sind meistens verheerend. Oft endet diese Erkrankung im finanziellen Ruin. Was bedeutet eine Spielsucht für Betroffene und ihre Angehörigen? Wie erkennt man die Sucht und welche Hilfen gibt es?
Inhalt des Artikels:
Zocken geht heutzutage ganz einfach und zu jeder Zeit am heimischen PC oder am Handy - die Schwelle zum Glücksspiel wird immer niedriger. Und damit auch die Gefahr, spielsüchtig zu werden.
Das zeigt auch der "Glücksspielatlas 2023": Laut Experten sind in Deutschland 4,6 Millionen Erwachsene spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür.
Demnach leiden rund 1,3 Millionen an einer sogenannten Glücksspielstörung, weitere 3,3 Millionen Menschen zeigen ein riskantes Glücksspielverhalten mit ersten Anzeichen für eine Sucht.
Sportwetten: Nervenkitzel und das schnelle Geld
Daran verdient die Glücksspielbranche gut: Die sogenannten Bruttospielerträge - also das, was nach Abzug der ausgeschütteten Gewinne an Einnahmen reinkam - lagen 2022 bei 13,4 Milliarden Euro.
Am meisten klingelt die Kasse bei den Anbietern noch immer im Bereich Glücksspielautomaten (4,8 Milliarden), dahinter folgt Lotto (4,1). Ein starker Zuwachs zeichne sich bei Sportwetten seit deren Legalisierung im Herbst 2020 ab (1,4 Milliarden).
Was ist Spielsucht?
Spielsucht ist eine Verhaltenssucht, ähnlich wie Kaufsucht oder Magersucht. Ziel des Süchtigen sind bestimmte Gefühle nach Ausführung einer bestimmten Handlung. Bei der Spielsucht geht es möglicherweise um das Ausblenden von Alltagssorgen beim Spielen oder der Glücksrausch beim Gewinn.
Süchtige müssen zwanghaft weiterspielen, bis sie gewonnen haben. Aber auch danach endet der starke Drang nicht - der "Kick" soll sich erneut einstellen.
Die Folge: Das Konto ist schnell leer, der Schuldenberg oft gigantisch. Häufig gehen Beziehungen und Freundschaften in die Brüche, der Job ist manchmal auch weg. Am Ende müssen immer höhere Beträge eingesetzt werden, um den Nervenkitzel zu spüren. Gewinne werden sofort wieder verspielt - ein Teufelskreis.
Das Prinzip: Die Bank gewinnt immer
Machen Sie sich keine Illusionen: Der Automat gewinnt. Immer. Nur ein Bruchteil des eingesetzten Geldes wird wieder ausgeschüttet. Genauso ist es im Casino. Bei Sportwetten ist die Gewinnchance noch geringer.
Wer nur noch daran denkt, wie er den Automaten, das Roulette oder das Würfelspiel überlisten kann, hat schon verloren. Und wer dann noch seine Arbeit schleifen lässt, riskiert den Job.
In Deutschland nimmt zudem nach Erkenntnissen von Strafverfolgern das Geschäft mit illegal betriebenen Spielautomaten zu. In einer neuen NDR-Doku schildert eine Staatsanwältin, dass sie in einer einzigen Spielstätte schon mehr 130.000 Euro beschlagnahmt habe.
Diese Anzeichen gibt es für eine Spielsucht
Glücksspiel verändert die gesamte Persönlichkeit, denn das Selbstbewusstsein steht und fällt mit Gewinn oder Verlust beim Spiel. Zudem gibt es klar definierte Kriterien für eine Spielsucht:
- Zwanghaftes Spielen mit immer höheren Einsätzen
- Betroffene verheimlichen ihr Spielverhalten, lügen, um zu vertuschen, wie häufig sie spielen.
- Betroffene bekommen Entzugserscheinungen, wenn sie längere Zeit nicht spielen (nervöse Unruhe, Schwitzen, Schlafstörungen).
- Betroffene leiden unter Angstzuständen oder Depression.
- Alte Hobbys, Freunde oder Familie werden vernachlässigt.
- Betroffene leihen sich Geld unter Vorwänden, machen Schulden.
- Fällt die Sucht auf, wird sie verharmlost.
- Die Suizidrate bei Glücksspielern ist extrem hoch.
So helfen Sie einem Spielsüchtigen
- Sprechen Sie den Süchtigen direkt auf seine Sucht an. Vertuschen hilft niemandem! Aber verurteilen Sie ihn nicht, denn der Mensch ist krank und leidet darunter.
- Begleiten Sie ihn oder sie zu einer Beratungsstelle. Der Spielende muss einsehen, dass er krank ist.
- Erwarten Sie keinen Dank. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und besuchen Sie eine Selbsthilfegruppe für Angehörige.
Wenn Sie Angehöriger sind
Häufig gehen Süchtige und Angehörige eine Co-Abhängigkeit ein. So wie die Schnapsflaschen des alkoholkranken Partners häufig im Container verschwinden, so wird unter Umständen auch ein Spielsüchtiger gedeckt. Damit die Nachbarn nichts merken. Aber das ist falsche Scham und unterstützt die Sucht. Deswegen:
- Leihen Sie dem Süchtigen kein Geld, zahlen Sie auch keine Schulden zurück.
- Bringen Sie Sparbücher z.B. der Kinder zu Vertrauenspersonen.
- Legen Sie ein eigenes Konto für Haushalt/Gehalt/Rente an, auf das der Spieler keinen Zugriff hat.
- Nehmen Sie sich Zeit für sich. Es liegt nicht in Ihrer Verantwortung, ob der Partner abhängig ist.
- Gehen Sie ggf. zur Familienberatung oder in eine Selbsthilfegruppe
Wenn Sie selber das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren: Ein Selbsttest verschafft erste Klarheit
Wer zweifelt, sollte sich drei Fragen stellen: "Wird heimlich gespielt?", "Werden Schulden gemacht?" und "Findet ein Rückzug vor Freunden und Familie statt?". Ein Selbsttest im Internet kann ebenfalls erste Klarheit schaffen.
Ist eine Spielsucht heilbar?
Nein. Aber sie lässt sich behandeln. Dennoch muss sich ein Spielsüchtiger lebenslang von Glücksspielen fernhalten.
Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben die Spielsucht schon vor 20 Jahren als Krankheit anerkannt und übernehmen die Kosten für die Behandlung. Ohne professionelle Hilfe kann die Sucht in der Regel nicht bewältigt werden.
Die Rückfallquote liegt bei 60 Prozent. Eine Therapie dauert oft mindestens ein Jahr und fordert harte Arbeit - auch an sich selbst. Es gibt Fachkliniken, die pathologisch Spielsüchtige für mehrere Wochen aufnehmen.
Selbsthilfegruppen können für Spielsüchtige eine große Hilfe ein.
Hier finden Sie weitere Hilfe und Beratung
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BZgA Telefon 0800 1 37 27 00 (kostenfrei und anonym) www.bzga.de
Anonyme Beratung rund um das Thema Glücksspiel und Spielsucht Tel: 040 - 23 93 44 44
Quellen und weiterführende Links
BRISANT
dpa
BZgA - check-dein-spiel.de
spielsucht-therapie.de
automatisch-verloren.de
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Doku "Tatort Eckkneipe"
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 07. Oktober 2024 | 17:15 Uhr